Katalog
383 den, 7 verbarg sich hinter ihnen doch auch der Anspruch der Urheber bzw. ein spezifisches Selbstverständnis: Geflüchtete deutsche Journalisten betrachteten die Berichterstattung über das Unrecht im Deutschen Reich auch als eine Form des Widerstands; gleiches galt für einstige Häftlinge, die aus den Konzentrationslagern oder nach der Entlassung ins Ausland flüchteten. 8 Diese Einordnung der hier vorgestellten Berichterstattung erscheint auch deswegen notwendig, da insbesondere die Zeitungen und Zeitschriften der deut- schen Emigration gezielt in das Deutsche Reich geschmuggelt wurden – hier bestand folglich ein Wechselverhältnis zwischen den dokumentierten Orten des Unrechts, den Informationen hierüber sowie der Publikation und Rezeption derselben. 9 Abschließend wird mit der Berichterstattung über die Inhaftierung von Angehörigen der Bekennenden Kirche in Sachsenburg im Frühsommer 1935 ein weiteres, international deutlich über die Presse und Publizistik der politischen Emigration hinaus wahrgenommenes Ereignis vorgestellt. 1 Vgl. hierzu vor allem Lieselotte Maas, Handbuch der deutschen Exilpresse 1933–1945, 4 Bde., München 1976; Rainer Eckert, Emigrationspublizistik und Judenverfolgung. Das Beispiel Tschechoslowakei, Frankfurt/M. 2000; Klaus Drobisch/Günther Wieland, System der NS-Konzentrationslager 1933–1939, Berlin 1993, S. 240–248. Die Auslandsberichterstattung über die deutschen Konzentrationslager ist bislang nicht systematisch untersucht wor- den. Vgl. erste Ansätze bei Sybil Milton, Die Konzentrationslager der dreißiger Jahre im Bild der in- und ausländi- schen Presse. In: Ulrich Herbert/Karin Orth/Christoph Dieckmann (Hg.), Die nationalsozialistischen Konzentrati- onslager. Entwicklung und Struktur, Bd. 1, Göttingen 1998, S. 135–147. 2 Vgl. zu Max Sachs den Beitrag von Swen Steinberg in diesem Band. 3 Vgl. zu Hugo Gräf vor allem Arno Gräf, Wer war Hugo Gräf? In: Sachsenburger Mahn Ruf. JahresSchrift 2011, Chemnitz 2011, S. 46–53, sowie zur Gruppe der kommunistischen Häftlinge in Sachsenburg den Beitrag von Bert Pampel und Mike Schmeitzner in diesem Band. 4 Vgl. Die Hölle der Profitwirtschaft. In: NV, Nr. 147 vom 5.4.1936. Vgl. zum »Neuen Vorwärts« Marlis Buchholz/Bernd Rother (Hg.), Der Parteivorstand der SPD im Exil. Protokolle der Sopade 1933–1940, Bonn 1995, S. XXV, XXXVI–XXXVIII. 5 Vgl. exemplarisch Fate Of Arrested Jews. In: The Guardian vom 23.11.1938. 6 Vgl. hierzu eine erste, allerdings nicht auf Sachsenburg beschränkte Zusammenstellung bei Carina Baganz, Erziehung zur »Volksgemeinschaft«? Die frühen Konzentrationslager in Sachsen 1933–34/37, Berlin 2005, S. 239–245 (Kapitel »Die Exil-Presse«). 7 Vgl. hierzu die Ansätze in Sibylle Schmidt/Sybille Krämer/Ramon Voges (Hg.), Politik der Zeugenschaft: Zur Kritik einer Wissenspraxis, Bielefeld 2011; Matthias Däumer/Aurélia Kalisky/Heike Schlie (Hg.), Über Zeugen. Szenarien von Zeugenschaft und ihre Akteure, Paderborn 2017. 8 Vgl. zum schriftstellerischen/journalistischen Selbstverständnis in der Emigration vor allemUrsula Homann, Exil und literarischer Widerstand. DasWort als gefürchtete politische Waffe. In: Christoph Kleßmann/Detlev Peukert/Ger van Roon (Hg.), Widerstand und Exil 1933–1945, Frankfurt/M. 1986, S. 200–212, sowie zum Aspekt der Dokumentation jüngst Swen Steinberg, Dokumentierende Emigration. Die Berichte der sozial demokratischen Exil-Zeitung »Neuer Vorwärts« über die Deportation polnischer Jüdinnen und Juden aus dem Deut- schen Reich im Oktober 1938. In: Medaon – Magazin für jüdisches Leben in Forschung und Bildung 10 (2016) 19, online unter www.medaon.de/pdf/medaon_19_Steinberg.pdf; 10.5.2017. 9 Vgl. diesen Zusammenhang am Beispiel von Edgar Hahnewald in der Tschechoslowakei in ders., »Karl Herschowitz kehrt heim.« Der Schriftstel- ler-Journalist Edgar Hahnewald zwischen sächsischer Identität und der Heimat im Exil. Mit einer kritischen Edition, Berlin 2016, S. 110–116.
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