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54 Die Beziehung von Carl Heinrich von Heineken und Heinrich Graf von Brühl (Abb. 1) ist die Geschichte von gegenseitigen Abhängigkeiten: Brühl hätte ohne seinen fähigen Sekretär kaum den umfangreichen Grundbesitz verwalten können, und auch die zahl- reichen Brühl’schen Sammlungen hätte es vermutlich ohne Heineken nicht gegeben. Aber auch Heineken profitierte von der engen Verbindung zumzweitmächtigstenMann in Sachsen und Polen. Brühl schenkte ihm Landbesitz, konnte ihn vorteilhaft verheira- ten, versorgte ihn mit Anstellungen bei Hofe und überließ ihm Kunstwerke. In einer Rechtfertigungsschrift nach seiner Verhaftung dankte er Brühl für seinWohlwollenmit folgenden Worten: »Mein Glück hat eigentlich von dem Tage angefangen, da ich in des verstorbenen Cabinets Ministre Grafen v. Bruhl Hauß gekommen und von 1739. an, als mich der seel. Graff […] zu Sich als Bibliothecarius genommen, habe ich dieses Herrn Gnade in vollen Maße verspühret.« 1 Vor allem die Briefe des Grafen Brühl an Heineken zeichnen ein sehr lebendiges Bild des Verhältnisses. 2 Heineken hatte die Briefe entgegen Brühls Befehl, sie zu vernichten, auf seinem Gut Altdöbern aufgehoben. Dort wurden sie im Zuge der Untersuchungen gegen Heineken nach dem Tod Brühls entdeckt und nach Dresden gebracht. 3 Brühl gab Heineken in den Briefen vor allem Anweisungen für die Verwaltung des Grundbesitzes und der Kunstsammlungen. Manchmal ist auch eine persönliche Note zu finden, wenn zum Beispiel Brühl seinen Sekretär ermahnte, nicht so nachtragend zu sein, oder wenn er ihmzumTod eines Sohnes kondolierte. 4 Die Antwortbriefe Heinekens sind leider nicht erhalten, da vermutlich noch Brühl selbst sie vernichtete. Jedoch soll versucht werden, mit der erhaltenen Korrespondenz und anderen Akten und Unterlagen ein Bild von den unterschiedlichen Wechselbeziehungen zwischen Heineken und Brühl zu zeichnen. Heinrich Graf von Brühl – der verhasste Premierminister Heinrich von Brühl ist eine der umstrittensten Persönlichkeiten der sächsischen Ge­ schichte, oder wie Walter Fellmann es in seiner Brühl-Biografie ausdrückte: »Heinrich Graf Brühl […] zählt zu den bekanntesten Persönlichkeiten der sächsischen Geschichte – und zu den verrufensten. Sein Name ist Synonym für Korruption, Leichtlebigkeit, Verschwendungssucht.« 5 Brühls Karriere am sächsisch-polnischen Hof wurde von der Nachwelt, wie wir sehen werden, immer negativ beurteilt. Die Karriere von Heinrich von Brühl, Sohn des »Vice-Kammer-Präsidenten« am Hof von Sachsen-Weißenfels, verlief anfänglich etwas stockend. Zunächst war er Page bei der Herzogin-Witwe Friederike Elisabeth von Sachsen-Weißenfels. ImAlter von 18 Jah­ Ute Christina Koch Favorit eines Favoriten Carl Heinrich von Heineken und Heinrich Graf von Brühl

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