Katalog

179 tionen auf demKunstmarkt. Fortan begannmanmit der systematisierten Erfassung von Werkzusammenhängen der vielen Künstler und Künstlernamen, der Manieren sowie der historischen Entfaltungen der künstlerischen Techniken. Dieses Ansinnen setzte das dauerhafte Engagement von Leuten voraus, die zudem in der Lage waren, mit den ge­ planten Katalogen etwa zu Jacques Callot 14 und den großen Meistern 15 die Neugier und das Engagement anderer Experten zu wecken. Es kündigte sich somit in den Korrespon- denzen der Sammler und Kenner untereinander der Übergang von einem rein privaten Interesse zu einem gemeinschaftlichen Bemühen um eine umfassendere Sichtweise auf den Gegenstandsbereich Grafik an. Damit einhergehend geriet die öffentliche Samm- lung immer stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Grafische Kabinette und Sammlungen konnte man an ausgewiesenen Orten zu bestimmten Zeiten besichtigen, um über die Werke zu diskutieren und mit den neuesten Erkenntnissen vertraut zu werden. Es bedurfte hierfür der Zirkulation grundlegender Informationen, die im Gespräch unter Gleichgesinnten ausgetauscht wurden. Diese Informationen blieben vorerst isoliert oder verhallten im Raum, wenn man sie vor Ort nicht in irgendeiner Formdokumentierte, als Voraussetzung für die Festschreibung dieses vorerst zirkulären Wissens in den Sammlungen. Die kostenaufwendige Publikation wissenschaftlicher Werke war dann ein zweiter Schritt. 16 Für ein regelgeleitetes Studium von Druckgrafik waren die Ermittlung der Autor- schaft, 17 die akribische Beschreibung eines jeden Blattes (einschließlich der changements et différences ) und detaillierte biografische Angaben zumAutor, Maler oder Stecher ( extraits d’auteur, peintre ou graveur ) unerlässlich. 18 Als Quellen dienten frühe Verkaufskataloge, die nicht als Standardnachschlagewerke angesehenwurden, sondern als Vorbilder, die man regelmäßig überprüfen und verbessern konnte. 19 In den Verzeichnissen handschriftli- cher Kataloge in gebundener Form wurden Druckgrafiken häufig unter Varia 20 ( relevés, dépouillements ) geführt, auch unter Notizen und Anekdoten ( nottes et anecdotes ), ergänzen- den Informationen ( un plus amplement informé ), 21 und in den offiziell angelegten Katalogen liefen sie unter Myriaden nebensächlicher Vermerke ( mémoires, états ) zu Akquisitionen oder Verkäufen. Interne Archive gaben Auskunft über die vorhandenen Stiche und über Drucker – Informationen, die sich, wenn auch unregelmäßig, über die Jahre entspre- chend der Verlagerung des wissenschaftlichen Interesses anhäuften. Alle diese Materi- alien sind zu unverzichtbaren Quellen geworden. Wie aber stand es um den persönli- chen Nachlass von Sammlern und Händlern – um empfangene Briefe, erste Entwürfe, Projektskizzen für Publikationen in verschiedenen Stadien oder um bloße Notizen? Konnte man all das aufarbeiten, gebrauchen, in Erinnerung rufen, wenn man es für eigene Projekte benötigte? Vermutlich nicht zu der Zeit, in der wir uns bewegen; und wenn überhaupt, nicht in seinem ganzen Umfang. 22 Vieles hing davon ab, wie weit das Netz der Sammler, Händler und Kenner untereinander gespannt war. Interne Verzeichnisse, die zur Vorlage für distinguierte Liebhaber kopiert wurden, 23 sind heute so nützlichwie damals. Sie gewähren einen Einblick in den jeweiligen Bestand an Stichen, zugleich zeigen sie aber auch, wie man damals bemüht war, offensichtliche Fehler aus vorausgegangenen Publikationen, die unter den Sammlern bereits Gültigkeit erlangt hatten, zu vermeiden. 24 Überhaupt stellt sich die Frage, wie jemand in der Lage war, die wenigen publizierten Kataloge angesichts der relativ spärlich vorhandenen Monografien und Artikel über die Vielzahl von Stechern und einzelnen Stichen zu aktu- alisieren. Diese Aufgabe überließmanmit Erfolg den annonces, die Stecher und Zeitungs- verleger inserierten, 25 und der stets zunehmenden Zahl an Bestandskatalogen für den

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