Katalog

310 Nicht bekannt ist der Schöpfer der Skulpturen, doch darf man ihn unter den sächsi- schen Hofkünstlern suchen. Es drängt sich der Vergleichmit Kinderfiguren des Hofbild- hauers Johann Christian Kirchner (1691 – 1732) mit ihren typischen Körperhaltungen auf, so etwa jener »Delfinträger« über dem Nymphenbad im Dresdner Zwinger. Meist ließ Kirchner seine Figuren die Attribute dem Betrachter entgegenhalten. Vor allem aber könnte der Gesichtstypus der Kinderfiguren, und hier vorzugsweise der Schnitt der Augen, für diesen Bildhauer sprechen. Besonders die »Bäckerei« unterstützt diese Ver- mutung. Ähnliches ließe sich auch von der Allegorie der »Branntweinbrennerei« sagen, doch hat diese Figur Ende der 1950er Jahre durch den Dresdner Bildhauer Werner Hempel (1904– 1980) einen Kopf in neuer, freier Gestaltung erhalten (Abb. 10, 11). DieWerkstatt Hempels nahmweitere Ergänzungen unterschiedlichen Ausmaßes an den Figuren vor, da neben allgemeiner schwacher Verwitterung mitunter enorme Ver- luste zu beklagen waren. So fehlten bei der »Branntweinbrennerei« auch der linke Fuß und der linke Unterarm, bei der »Schafzucht« der Kopf des Schafes, bei der »Jagd« das Gewehr sowie beim »Ackerbau« der Spaten, die rechte Hand, der linke Arm sowie das linke Bein unterhalb des Knies (Abb. 2) und bei der »Milchwirtschaft« der linke Arm (Abb. 5, 13). 7 Bereits Schmidt zieht Kirchner als Schöpfer der Allegorien in Erwägung. Er vergleicht sie mit den »ihnen sehr ähnlichen Putten im Garten des Schlosses Joachim- stein, die von den Dresdner Bildhauern Christian Kirchner […] und Johann Jacob Rous- seau (um 1720) geschaffen worden sind«. 8 Hier sieht Schmidt auch einen deutlichen Hinweis auf die Entstehungszeit der Wirtschaftsallegorien. Beide Künstler gehörten der dem französischen Barock näherstehenden Richtung Matthäus Daniel Pöppelmanns (1662– 1736) an, und »auch die genannten acht Altdöberner Putten [waren] dieser Kunst­ richtung und damit der Eickstädti’schen Bauperiode zuzuweisen«. 9 Die daraus resultie- rende Datierung in den Zeitraum zwischen etwa 1717 und 1727 wird seit Schmidt in der Forschung übernommen. Letztendliche Gewissheit über Entstehungszeit und Schöpfer Abb. 2 Der Ackerbau , um 1720 Ehemals im Schlosspark Altdöbern, Westterrasse, hier eingelagert in der Bildhauerwerkstatt Hempel in Dresden, 1976 Foto: Werner Hempel Abb. 3 Der Ackerbau , um 1720 Ehemals im Schlosspark Altdöbern, Westterrasse, hier mit rekonstruier- tem Spaten in der Bildhauerwerk- statt Hempel in Dresden, 2012 Foto: Stefan Dürre

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