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426 Matthias Dämmig Anmerkungen zu Francesco Graf Algarottis und Christian Ludwig von Hagedorns Beziehungen zu Carl Heinrich von Heineken Francesco Graf Algarotti Nach dem Frieden von Wien 1738 und dem Ende des Ersten Schlesischen Krieges 1742 trat für das Kurfürstentum Sachsen eine politisch ruhigere Phase ein. Die polnische Krone war ge- sichert, der Konflikt mit Österreich und Preußen zunächst beigelegt, sodass König August III. von Polen sich verstärkt seinen persönlichen Interessen zuwenden konnte, die weniger expan- siv und machtpolitisch ausgerichtet waren als die von Fried- rich II., dem König von Preußen (1712–1786). Im Jahr 1742 kam auch der junge Italiener Francesco Algarotti (1712–1764) nach Dresden, der sich als ehemaliger Günstling ampreußischen Hof Friedrichs II. bereits als beflissener Kunst- kenner ausgewiesen hatte (Abb. 1). 1 Vergleichbar den Bestre- bungen von Christian Ludwig von Hagedorn (1712–1780) oder von Johann Joachim Winckelmann (1717–1768), zog es Alga- rotti ebenfalls an den kursächsischenHof in der Hoffnung, hier Karriere zu machen. Hagedorn und Carl Heinrich von Heine- kenwaren zu diesemZeitpunkt bereits einige Jahre inDresden anwesend, Hagedorn befand sich im diplomatischen Dienst, während Heineken als rechte Hand des sächsischen Premier- ministers Heinrich Graf von Brühl (1700–1763) tätig war. Die Erwartungshaltung Algarottis war hoch, zumal es viele Italie- ner amDresdner Hof gab und anders als im frankophilen Ber- lin ein großes Interesse für die bildenden Künste südlich der Alpen herrschte, deren ausgewiesener Liebhaber August III. war. Algarotti galt als einMann vonWelt, als ein Gelehrter und idealer Hofmann, der sich auf unterhaltsame Konversation verstand und seine Zeitgenossen durch geistreiche Gespräche zu begeistern wusste. Kein Geringerer als Voltaire lobte ihn: »Nun kommen wir zum Grafen Algarotti, der junge Mann be- herrscht die Sprachen und kennt die Bräuche jedes Landes, er dichtet wie Ariost und er kennt seinen Loke und seinen New- ton.« 2 Friedrich II. von Preußen schätzte ihn über alle Maßen, nannte ihn den »schönen Schwan von Padua«. 3 Wer war dieser heute nahezu in Vergessenheit geratene Fran- cesco Algarotti? Woher rührte die Bewunderung, die ihm zu Lebzeiten zuteil wurde? Er wurde am 11. Dezember 1712 in Ve- nedig geboren; sein Vater war ein wohlhabender Kaufmann, der großes Interesse an den schönen Künsten fand und der als Kunstsammler aktiv tätig war. Nach anfänglichen Studien der Naturwissenschaften undMathematik in Rom setzte Algarotti diese in Bologna und Florenz fort. Algarottis Bruder Bonomo (1706 –1776) riet ihm früh zur Schriftstellerei. Für erstes großes Aufsehen sorgte das 1737 veröffentlichte Buch Il newtonianismo per le dame ovvero dialoghi sopra la luce e i colori , das rasch in ver- schiedene Sprachen übersetzt wurde und den RuhmAlgarottis begründete. Auf seinen anschließenden Reisen durch Europa begegnete Algarotti bedeutenden Persönlichkeiten wie dem französi- schen Philosophen Voltaire (1694–1778), der den weltläufigen
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