Katalog

427 und gebildeten Italiener an den preußischen Hof empfahl. König Friedrich II. von Preußen war nach einer ersten Begeg- nung mit Algarotti auf Schloss Rheinsberg im Herbst 1739 so beeindruckt, dass er ihn sofort nach Potsdam an seinen Hof einlud. 4 Neben Algarotti kam auch Voltaire an den Hof nach Preußen, wo sie zusammen einen gelehrten Zirkel um Fried- rich bildeten. Friedrich schätzte Algarotti als wachen undmit- unter auch kritischen Geist, so bat er ihn um sein Urteil zu seinem 1740 publizierten Antimachiavel. Zeugnis der großen Wertschätzung war die Erhebung Algarottis in den erblichen Grafenstand imDezember 1740. Nach seiner fulminanten Ein- führung amPotsdamer Hof kam es jedoch bald zu einemStill- stand im Aufstieg des ehrgeizigen Italieners. Sicherlich mag die Unzufriedenheit Algarottis über die ausbleibende Beauf­ tragung mit der Aufsicht über die königlichen Sammlungen Friedrichs II. und die damit verbundene Bestellung in ein offi- zielles und gut besoldetes Amt ein wichtiger Grund gewesen sein, warumAlgarotti 1742 Berlin in Richtung Dresden verließ. Auch darf man nicht vergessen, dass Algarotti in Kriegszeiten nach Berlin gekommen war und Friedrich seine Aufmerksam- keit stärker auf die finanzielle Unterstützung des Militärs als auf kostspielige Kunstankäufe gelegt hatte. 5 Als ausgewiesener Connaisseur und kunstsinniger Feingeist erhoffte sich Algarotti, nun in Dresden eine leitende Position in den kurfürstlichen Sammlungen oder bei der Oper zu erlan- gen. Nutzen sollten ihm vor allem seine guten Kontakte und Kenntnisse zu venezianischenMalern und der venezianischen Musikszene. Doch Algarotti hatte nicht mit den schon länger geschmiedeten Plänen Heinrich Graf von Brühls gerechnet. Dieser bestellte noch im gleichen Jahr Carl Heinrich von Hei- neken als persönlichen Sekretär, dessen besondere Obliegen- heiten die Neuorganisation und Erweiterung des grafischen Kabinetts sowie der Gemäldesammlung werden sollten. Doch einen Trumpf besaß Algarotti gegenüber dem Konkurrenten Heineken: Neben seiner Kennerschaft in den Bildkünsten ver- fügte er über einen ausgezeichneten musikalischen Sachver- stand. August III. beauftragte Algarotti daher zunächst mit der Inszenierung der nach einem Libretto von Pietro Metastasio (1698–1782) und der Musik von Johann Adolf Hasse (1699 – 1783) entstandenen Oper Didone Abbandonata. Im Oktober 1742 verfasste Algarotti aber auch eine Empfeh- lung zum Ausbau der königlichen Sammlung. In dem kurzen Text Progetto per ridurre a compimento il Regio Museo di Dresda 6 riet er besonders dazu, Werke zeitgenössischer italienischer Künst- ler zu sammeln und entsprechende Aufträge an lebende Künst- ler zu erteilen. 7 Des Weiteren mahnte er an, mehr auf die künstlerische Qualität beim Erwerb der Gemälde zu achten und schlechte Stücke aus dem Bestand der Galerie auszuson- dern. Auch gab er Ratschläge, wie ein Galeriebau einzurichten sei und welche Anforderungen dieser zu erfüllen habe. 8 Zum Zweck des Kunsterwerbs wurde Algarotti dann 1743 als Kunst­ agent nach Italien geschickt. Neben Jean-Etienne Liotards (1702–1789) Pastell Schokoladenmädchen oder den Drei Schwestern von Palma Vecchio (1480–1528) gehören die noch bis in das 19. Jahrhundert als Original Hans Holbein d. J. (1497–1543) gel- tende Madonna des Bürgermeisters Meyer , Die heilige Nacht von Carlo Maratta (1625–1713) und Bernardo Strozzis (1581–1644) Die Gambenspielerin zu denwichtigsten ErwerbungenAlgarottis für den sächsischen Hof. Karl Woermann vermerkte 1887 in seinemÜberblick über die Geschichte der Königlichen Gemälde- galerie zu Dresden: »Aber es lässt sich nicht leugnen, dass Alga- rotti, welcher 1743 eigens zum Zwecke, Bilder für den sächsi- schenHof zu kaufen, nach Italien zurückgegangenwar, sich als ein viel feinerer Kenner erwies, denn sein verhasster Neben- buhler [Bonaventura Rossi]. Ist die Zahl der durch ihn erwor- benen Bilder auch nur klein, so ist ihr Wert um so größer.« 9 Unter den von Algarotti erworbenen Gemälden befanden sich Abb. 1 Jean-Etienne Liotard Francesco Graf Algarotti , 1745 Pastell auf Pergament, 42 × 32,5 cm RA, Inv.-Nr. SK-A-234 Legaat van mevrouw M. A. Liotard, Amsterdam Foto: Carola van Wijk

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