Katalog

428 auch Auftragswerke »moderner« Künstler wie von Giovanni Battista Piazzetta (1682–1754) oder Giovanni Battista Tiepolo (1696 –1770). Der sicherlich eindrucksvollste Auftrag, den Al- garotti an die königliche Sammlung nach Dresden vermittelt hat, ist Tiepolos 1743/44 ausgeführtes, heute in Melbourne be- findliches Gastmahl der Kleopatra . Doch der Vorteil sowohl der musikalischen als auch der bild- künstlerischen Expertise gegenüber Heineken sollte Algarotti letztendlich in der Festigung seiner Stellung amDresdner Hof wenig helfen. 1747 kehrte er an den preußischen Hof zurück. Friedrich II., der diesem seine »Untreue« zunächst übel genom- men hatte, empfing den reuigen Heimkehrer nach dessen Dresdner Episode mit offenen Armen. Bis 1753 hielt sich Alga- rotti am Hof Friedrichs in Preußen auf, als ihn schließlich ge- sundheitliche Probleme zwangen, nach Italien zurückzukeh- ren. Das enge Verhältnis blieb bestehen, der König setzte sei- nem Vertrauten eine Pension aus und blieb in seinen Briefen immer besorgt umden Freund. Am 3. Mai 1764 starb Algarotti an Tuberkulose in Pisa, wo er auf dem berühmten Friedhof Camposanto begraben wurde. Friedrich hatte einen Teil des Grabmonuments finanziert und dem Freund die Inschrift »Schüler Newtons und Nacheiferer Ovids« ( Hic jacet Ovidii ae- mulus et Newtoni discipulus ) als Zeichen seiner großen Wert- schätzung gewidmet. Christian Ludwig von Hagedorn Christian Ludwig von Hagedorn hatte ebenfalls kein ungetrüb- tes Verhältnis zu Carl Heinrich von Heineken, doch sein per- sönliches Beharrungsvermögen ermöglichte es ihm im Unter- schied zu Francesco Algarotti, in Dresden doch noch eine Kar- riere zu machen (Abb. 2). 10 Er wurde als Sohn des dänischen Residenten imNiedersächsischen Kreis Hans Statius von Hage- dorn (1688–1722) in Hamburg geboren und studierte zunächst Rechtswissenschaften in Altdorf bei Nürnberg. Sein jüngerer Bruder war der spätere Dichter Friedrich von Hagedorn (1708– 1754). Nach dem frühen Tod des Vaters wechselte Hagedorn an die Universität nach Jena. Dank des sächsischen Hofpoeten Johann Ulrich von König (1688–1744), der zwischen 1710 und 1716 inHamburg zunächst an der Oper gewirkt hatte und somit der Familie Hagedorn bekannt geworden war, erhielt Hage- dorn auf dessen Empfehlung eine Stelle im sächsischen Staats- dienst, wo er durch den Minister Johann Christian Graf Henni- cke (1681–1752) protegiert wurde. 1737 wurde Hagedorn zum Kursächsischen Legationssekretär ernannt und war damit wie sein Vater im diplomatischen Dienst tätig. Wie sein Bruder Friedrich hat sich auch Christian Ludwig schon früh für die schönen Künste begeistert. Das gemeinsame Interesse der Brü- der spiegelt sich in einem regen Briefwechsel über Kunst und Dichtung wider. 11 Während seiner diplomatischen Tätigkeit besuchte Hagedorn eine große Zahl von Gemäldesammlungen in Deutschland und begann zudem, selbst zu sammeln. Die Beziehung Hagedorns zu Heineken war, wie einzelne Äu- ßerungen belegen, ambivalent; so bezichtigte er ihn einmal des »Hochmuts« und »nicht edeln Neid[s]«, ein anderes Mal nannte er ihn einen »guten Freund«, dem er für seine »unvergessene Wohltat« dankte. 12 Im Jahr 1749 hatte Heineken Hagedorn aus einer schwierigen finanziellen Lage herausgeholfen. 13 Moritz Stübel charakterisiert hingegen das Verhältnis zwischen Hei- neken und Hagedornwie folgt: »Zwischen ihm [Heineken] und Hagedorn hat zeitlebens ein heimlicherWettbewerb geherrscht, in demschließlich der gutmütige Hagedorn über den rücksichts- losen Heineken siegte.« 14 Bereits Carl Justi hatte in seinemWerk Winckelmann und seine Zeitgenossen ein sehr negatives Bild von Heineken gezeichnet. »Sein Charakter erscheint keineswegs liebenswürdig; und der Eindruck der Bücher wird durch die Urtheile der Zeitgenossen bestätigt. Eingenommen von sich selbst, bitter und absprechend gegen andere, und noch dazu in sehr schlechtem Deutsch. Seine persönlichen Ausfälle sind zugleich grob und maliciös bis zu raffinirter Berechnung des Verwundenden: die welche ihm einmal in den Weg getreten waren, verfolgte er mit unversöhnlicher Rachsucht, die selbst ihren Tod lange Jahre überdauerte. Er war so geizig, dass er, bei seinem fürstlichen Vermögen, noch als Siebziger (1782) sich entschloß, die Amtsmannsspecimina zu liefern, um sich die Besoldung eines Amtsverwesers für das von ihm gepachtete Justizamt Schlieben zu ersparen. Im Umgang war er kalt; das höchste, wozu er sich verstieg, war ein Händedruck.« 15 In einem Brief Hagedorns an seinen Bruder vom 2. Juni 1742 scheint auch deutlich mehr durch als nur eine Konkurrenz zwischen den beiden Kunstsachverständigen: »Heineken hat ganz recht, wenn er in dubio Niemand vor einen Kenner hält, ich thue ein Gleiches, suspendire aber mein judicium. Ich lasse mich erst überzeugen und höremeinenMann erst an. Wie aber Heineken, der noch zur Zeit nicht den ersten Teil so viel Cabi- nette in Teutschland noch weniger aber Meister von Conside- ration als ich persönlich kennen gelernt, viel weniger, wie ich, ihren Unterricht genossen, mir das BischenWitz crude abspre- chen mag, sehe ich nicht anders als eine Folge des kleinen Hochmuts an der, mit einemnicht edeln Neid vergesellschaftet ist.« 16 Des Weiteren gab Hagedorn auch die Ursache für sein Misstrauen preis: »Ichwürde hierrüber nicht sowortreich sein, wenn ich nicht unter der Hand vernommen, daß Heinekenmir heimlich nicht gut sei.« 17 Hagedorns misstrauisches Verhältnis zu Heineken hat sich über die Jahre nicht verändert, wie man einer anderen Episode viele Jahre später entnehmen kann. Im März 1750 schrieb er sehr ausführlich an seinen Bruder Friedrich über einen für ihn unschönen Vorfall: »Vor kurzem schickt Heineken einen Schreiber zu mir und bittet, ich möchte ihm den Compagnon

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