Leseprobe

35 only Higgins Eternal Black Ink.« 5 Von außen betrachtet könnte diese Aufmerksamkeit fast wie ein Spleen wirken, wir werden aber imWeiteren sehen, welche Logik dahintersteckt. Damit noch einmal zurück zu Grays Mitteilung in den Proceedings . Meine Ausführun- gen sind dabei notgedrungen anachronistisch, denn zu einer Erstbeschreibung im heuti- gen Sinne wurden seine Zeilen erst 1905, als der seither mit einigen Revisionen gültige International Code of Zoological Nomenclature in Kraft trat. Ältere wissenschaftliche Namen waren keineswegs ungültig geworden, umAnerkennung zu finden, mussten sie aber eine Reihe von Bedingungen erfüllen. Am wichtigsten waren und sind die Priorität (gezählt wurde ab dem Jahr 1758, gleichbedeutend mit der zehnten Auflage von Linnés Systema Natur æ), die korrekte Bildung des Namens nach demvon Linné eingeführten binominalen System sowie dessen Verfügbarkeit; insbesondere darf der Name zum Zeitpunkt seiner Einführung nicht schon anderweitig vergeben sein. Sind diese Bedingungen erfüllt, hängt aber zuletzt alles daran, dass der Name in gehöriger Weise veröffentlicht worden ist. Was damit gemeint ist, lässt sich mit Blick auf die erste Fassung des Codes aus dem Jahr 1905 noch sehr kurz beantworten. Nach der damals allein gültigen französischen Ausgabe ist ein Name gehörig veröffentlicht, wenn er (inmeiner deutschen Übersetzung) »in einer Publikation verbreitet und von einem Hinweis, einer Definition oder einer Beschreibung begleitet worden ist«. 6 Schaut man in die neueste Fassung des Codes, gültig seit dem Jahr 2000, wird man feststellen, dass sich um diese Formulierung inzwischen ein wahrerWust von Zusätzen gelegt hat, die alle noch näher bestimmen, was eine Publi- kation auszeichnet und wie einHinweis, eine Definition oder eine Beschreibung aussehen muss, umals solche zu gelten. 7 Aus gut zwei Zeilen sind damit inzwischenmehrere Seiten an Bedingungen geworden, welche die Vergabe eines Artnamens erfüllenmuss, umAner- kennung finden zu können. In dieser Entwicklung spiegeln sich die technischen und institutionellen Umbrüche imwissenschaftlichen Publikationswesen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, also seit dem rückwirkend festgelegten Startpunkt der Nomenklatur. Diese Entwicklung zeugt aber ebenso von den vielen Fragen und Problemen, die sich bei der Anwendung des Codes ergeben haben. Wenn es zumBeispiel imneuesten Code heißt, dass die Erwähnung eines umgangssprachlichen Namens in einer Erstbeschreibung aus der Zeit vor dem Jahr 1931 allein als Hinweis, Definition oder Beschreibung nicht hinreicht und folglich der Akt der Benennung keine Anerkennung finden kann, kann man sich leicht vorstellen, dass an die Herausnahme und Tötung von kranken und überzähligen Tieren. Vgl. Hürzeler: How to Sleep Among Wolves. Zu den Schwierigkeiten, die vergebenen Namen in der Praxis konsistent zu halten, insbesondere mehrfache Bezeichnungen auszuschließen, sowie zu den hier ins Spiel kommenden Faktoren und hier- von geprägten Lösungsansätzen am Beispiel der Botanik siehe Bowker: Biodiversity Datadiversity, S. 649–661.  3 SieheWinston: Describing Species, Kap. 4–5; Fortey: Dry Store RoomNo. 1, S. 55f.; Ohl: Die Kunst der Benennung, S. 60f.  4 Daston: Type Specimens and Scientific Memory, S. 182.  5 Hall: Collecting and Preparing Study Specimens of Vertebrates, S. 4.  6 Règles Internationales de la Nomenclature Zoo- logique, Art. 25a.  7 Vgl. International Code of Zoological Nomenclature, Art. 8–9 und Art. 12 –16.

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