Leseprobe

247 Für die verschiedenen Fassungen der Oberflächen der Kästen können ästhetische Über- legungen ausschlaggebend gewesen sein. Insbesondere die blauen und schwarzen Farben lassen vermuten, dass die Kästen imRahmen verschiedener Präsentationskonzepte einem jeweiligen Farbprogramm angepasst wurden. Weiterhin sollten hier sicherlich auch Alte- rungs- und Nutzungsspuren beseitigt werden. Eine Entwurfszeichnung von Margarete Geibel um 1908 und der zugehörige Farb- holzschnitt (Abb. 5) lassen vermuten, dass die Kästen für die Präsentation in den Mansar- denzimmern des Goethehauses blau gefasst worden sind. In diesemZusammenhang wird es außerordentlich interessant sein, die während der Sanierung von Goethes Wohnhaus durchzuführenden Farbbefundungen der infrage kommenden Mansardenzimmer mit den Farbspuren auf den Kästen abzugleichen (Abb. 6). Die historischen Aufnahmen von 1910 bzw. 1916 erlauben zwar keine Beurteilung des ursprünglichen Zustands der Kästen, allerdings belegen sie eine umfassende Veränderung im äußeren Erscheinungsbild (Abb. 7 und 8). Die auf den Aufnahmen von 1910 noch schwarz erscheinenden Kästen wirken auf den Aufnahmen von 1916 nunmehr deutlich heller. Dieser Befund wird später noch zu diskutieren sein. Naturwissenschaftliche Analysen Neben der visuellen Beurteilung sollten naturwissenschaftliche Analysen Hinweise auf die zeitliche Abfolge der Überarbeitungen geben. Wie bereits eingangs beschrieben, sollten hier nur nicht-invasive Untersuchungs­ methoden zur Anwendung kommen. Daher wurden weder Proben der verschiedenen Materialien entnommen, noch einer der Kästen geöffnet, um Teile der dekorativen Aus- stattung genauer zu untersuchen. Aus diesem Grund konzentrierten sich die Untersu- chungen auf einen Vergleich der Beschriftungen sowie der blauen Farbspritzer und Pinsel- und Klebstoffspuren auf den Rückseiten der Kästen und der weißen Farbe der grundhaften Ausmalung der August von Goethe zuzuordnenden Schaukästen. Beschriftungen Die Untersuchung der Beschriftungen erfolgte mit IR-Reflektografie. Die schwarzen Schreibmaterialien absorbieren stark imNIR. 13 Alle Schilder wurden demnachmit Feder in Rußtusche ausgeführt. Ein Vergleich der Tuschen hinsichtlich der quantitativen Überein- stimmung erfolgte nicht, da keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren (Abb.9). Augenscheinlich wurden für die rechteckige Beschilderung völlig verschiedene Papiere und für die runden Etiketten mit 30 Zacken für die Systematik jeweils das gleiche Papier verwendet. Ein objektiver Beleg wie Papierstruktur oder Wasserzeichen konnte nicht angeführt werden, da die Proben fest verklebt und für eine belastbare Papierstruktur­ analyse zu klein sind. 13 NIR: Nahes Infrarot bis etwa 1 100 nm.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1