Leseprobe

38 Goethes Enkel jedoch zeigten keine Neigung, sich mit den Sammlungsobjekten zu beschäftigen. Nach einemgescheiterten Verkaufsversuch an denDeutschen Bund blieben die Sammlungen daher in ihrem überlieferten Zustand, bis sie nach demTod des letzten Enkels Walther von Goethe schließlich testamentarisch an die Öffentlichkeit übergin- gen. 9 Es geschah genau das, was Goethe hatte verhindern wollen: Die Sammlungen ver- harrten nach seinem Ableben in einem Status quo. Ohne die komplizierte Erben­ geschichte hier im Detail nachzuerzählen, kann festgehalten werden, dass erst mit der Gründung des Goethe-Archivs im Jahr 1885 und der Eröffnung des Goethe-National­ museums im Jahr 1886 Goethes Sammlungen wie im Testament gewünscht an eine öffentliche Einrichtung in Weimar gingen, der heutigen Klassik Stiftung Weimar. 10 Die Sammlungen bezogen seitdem ihrenWert »nicht primär aus einer Nutzung als Anschau- ungsmaterial für Studien zur Kunst oder zur Natur«, sondern gelten »vor allem als Zeug- nisse zum Leben des Dichters.« 11 9 Die Details zur Geschichte der Erbfolge und der Nachlassverwaltung können exakt nachverfolgt wer- den in: Kahl; Kalvelage: Das Goethe-Nationalmuseum, Bd. 1. Das TestamentWalthers von Goethe, in dem er die Sammlungen an den Staat Sachsen-Weimar und das Familienarchiv an Herzogin Sophie über- schreibt, findet sich auf S. 694–696. Der Versuch des Verkaufs scheiterte vor allemdaran, dass die Enkel zwar die Sammlungen veräußern wollten, nicht jedoch das Haus. Der Deutsche Bund wiederumwar an den Sammlungen nur interessiert in Verbindung mit demHaus als authentischer Wohnstätte Goethes, um hier eine nationale »Personengedenkstätte« zu schaffen (vgl. die Dokumente in: ebd. sowie Kahl: Kulturgeschichte des Dichterhauses, S. 331).  10 Vgl. die jeweiligen Gründungsdokumente, transkribiert in: Kahl; Kalvelage: Das Goethe-Nationalmuseum, Bd. 1, S. 707 ff.  11 Bertsch; Grave: Ein Unendliches in Bewegung, S. 8.  12 Vgl. das Kapitel »Sammeln im 18. Jahrhundert« in: Stört: Gleim und die gesellige Sammlungspraxis, S. 23 –42.  13 Vgl. das Stichwort »Mineraliencabinett« in der Krünitzschen Enzyklopä- die, worin die verschiedenen Spielarten von Sammlungen aufgezählt werden (Krünitz: Encyklopädie, hier Bd. 91, S. 16ff.).  14 Vgl. zu den Amateurwissenschaften Federhofer: Dilettantismus, S. 22 –28.  15 Vgl. Goethe: Der Sammler und die Seinigen.  16 Vgl. Asman: Goethe inszeniert eine Sammlung, bes. S. 133 – 138.  17 Vgl. Asman: Goethe inszeniert eine Sammlung.  18 Goethe an August von Goethe, 27. 6. 1813, in: GBA I, S. 121.

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