10 einige davon mit Bedacht aufbewahrt, andere jedoch einfach verstaut und vielleicht auch vergessen wurden. Darunter finden sich Objekte aus dem persönlichen Umfeld Goethes ebenso wie Freundschafts- und Liebesgaben, intime Souvenirs, auch Wertvolles aus dem Kunstgewerbe und aufwendige Handarbeiten. In den Blick gerieten zudem einige Objekte, deren Provenienz bis dato unklar ist oder die im Zuge der Musealisierung des goetheschen Nachlasses in diesen übernommen wurden. Dazu gehören auch einige der Gegenstände, die aus Wolfgang Maximilian von Goethes Nachlass stammen und durch eine Stiftung dem 1885 gegründeten Goethe-Nationalmuseum in Weimar zukamen.9 Alle Objekte zählen heute zu den Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar und gehören überwiegend dem vielfältigen Bestand des Kunstgewerbes sowie dem schriftlichen Nachlass an; unter Letzterem wird zum Beispiel auch das eingangs genannte Seidenband archiviert, auf die Gründe wird später noch eingegangen. Einige dieser Sammlungsgegenstände haben durch Ausstellungen oder spezielle Forschungsinteressen bereits einen größeren Bekanntheitsgrad erlangt, andere wurden im Zuge der Recherchen erst an die Oberfläche gespült. Trinkgläser, Handschuhe, Schreibzeuge, Untertassen, ein Seidenband und anderes mehr – sie unterscheiden sich in ihrer Herkunft und ihrem Gebrauch, waren funktionell oder von hohem ideellen Wert und werden heute an verschiedenen Orten unter spezifischen Bedingungen aufbewahrt. Gemeinsam ist den Objekten jedoch ein besonderes Verhältnis zu Schriftzeichen: Sie tragen Auf- und Inschriften, sind aufwendig schriftlich ausgeschmückt, offiziös ausgezeichnet oder beinahe unleserlich, geradezu klandestin markiert. In jeder Hinsicht variabel, macht sie das zu Varia im besten Sinne, zu Dingen, die sich nicht ohne Weiteres kategorisieren lassen und schon aufgrund dieser Widerständigkeit eine gewisse Sprachmacht entwickeln. Bei der Auswahl der Objekte geht es weder darum, mit ihrer Hilfe einen weiteren Beitrag zur Exegese des Lebens und Schaffens Goethes und seiner Familie zu leisten, noch sollen im Sinne einer Aufmerksamkeitsökonomie vermeintlich marginalisierte Nebendinge aus dem persönlichen Nachlass in den Stand von Reliquien gehoben werden. Was die Sammlungen Goethes neben ihrer Vielfältigkeit für diese Arbeit so interessant und wertvoll macht, ist vielmehr die häufig äußerst dichte Überlieferungskette der Bestände. Neben den Aufzeichnungen Goethes, vor allem in seinen Tagebüchern und den Korrespondenzen, geben mehrere detaillierte Inventare Aufschluss, die direkt nach seinem Tod und in der Folgezeit angefertigt wurden. So lassen sich oft die Umstände rekonstruieren, unter denen ein Gegenstand Eingang in den Haushalt fand, ob und wie er sich darin integrierte und wo er zum Zeitpunkt von Goethes Tod aufbewahrt war. Daran anschließend sind die Schriftwechsel seiner Enkel und der Schwiegertochter Ottilie von Goethe untereinander sowie mit den Nachlassverwaltern hilfreich bei der Kontextualisierung der zum Teil komplexen Überlieferungssituation. Denn gerade die von Goethes Enkel Wolfgang Maximilian beschrifteten Gegenstände zeichnen sich durch vielsagende Biografien aus. Diese umfangreichen Dokumentationen sind essenzieller Bestandteil der Erschließung, dank ihnen werden die Prozesse und Strukturen sichtbar, in denen die Sammlungsstücke zur Sprache kommen. Sie geben
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