Leseprobe

69 Zu Beginn des 13. Jahrhunderts hatte die Kolonisation die Kammregionen des Erzgebirges erreicht. Neue Herrschaftsver­ hältnisse waren geschaffen, die ihre Macht in repräsentativen Bauten wie Burgen und in Stein errichteten Klöstern zu doku­ mentieren begannen. Das Benediktinerkloster am Oberlauf der Chemnitz gehörte maßgeblich zu den exponierten Standorten, schon allein deshalb, weil der Ort an einem der böhmischen Pfade eine wichtige strategische Lage innehatte. Die Obliegen­ heit, seine Macht durch entsprechende Bauwerke zu zeigen, setzte aber auch voraus, dass Baufachleute vor Ort waren, die sowohl in der Lage waren, geeignete Baumaterialien zu finden, als auch die Bauten selbst ausführen zu können. Die Benediktiner waren in diesen Fragen prädestiniert. Die von ihnen imWesten Europas gewonnenen Erfahrungen setzten Maßstäbe. Bedeutende Klosterbauten entstanden durch ihre Kunstfertigkeit im Umgang mit Stein. Denken wir nur an solche Anlagen wie die von Cluny in Mittelfrankreich, 1 Maria Laach in der Vulkaneifel 2 oder an die nur noch als Torso erhaltene Klos­ terkirche auf dem Petersberg von Erfurt im Thüringer Becken. 3 Diese und andere Standorte zeichnen sich durch eine akkurate Verarbeitung des Steinmaterials und eine geeignete Auswahl verschiedener Gesteine nach Farbe und Verwendungsfähigkeit aus, die ein hohes Wissen sowohl über Eigenschaften und die Bearbeitung der Steine als auch über deren zweckmäßigen Ein­ bau in die Bauwerke voraussetzen. In die Region des heutigen Chemnitz kamen Mönche des Pegauer Benediktinerklosters St. Jacob, einer der ältesten Klos­ tergründungen Sachsens. Die ersten Pegauer Mönche waren von der östlich von Würzburg gelegenen Benediktinerabtei Müns­ terschwarzach amMain entsandt. Dieses Kloster gehörte zu den wichtigsten der Benediktiner und verfügte über reichlich Bau­ erfahrungen. Im 11. Jahrhundert war dort die karolingische Ab­ teikirche durch einen 1066 vollendeten romanischen Bau er­ setzt worden. Im nordwestsächsischen Raum zählen die romanischen Kir­ chenbauten St. Kilian in Bad Lausick, der doppeltürmige Westbau der Kirche St. Nicolai in Geithain und das Kloster Zschillen in Wechselburg zu den bedeutenden Sakralbauten, bei denen in größerem Umfang Naturwerkstein eingesetzt wurde. 4 Die Errich­ tung der Kilianskirche erfolgte nach 1105 im Zusammenhang mit der Einrichtung einer Probstei des Klosters Pegau als nahezu schmuckloser und verputzter Bruchsteinbau. Bemerkenswert ist die Verwendung gut behauener Steinquader von Rochlitzer Por­ phyrtuff als Eckmauerung und für das 1150 angesetzte Westpor­ tal aus dem gleichen Material. Dass der Rochlitzer Berg mit der Steinlagerstätte zwölf Kilometer von Lausick und acht Kilometer von Geithain entfernt ist, lässt erahnen, welchen Aufwand die Bauleute für den Transport der Gesteinsblöcke auf sich zu neh­ men hatten, zumal hier der einzige brauchbare Werkstein im näheren Umland angetroffen wurde. Dieses Gestein erwies sich als Werkstein höchst brauchbar, da es im bergfrischen Zustand leicht zu bearbeiten war, mit zunehmender Austrocknung erhär­ tete, sich dann kaum noch bearbeiten ließ und gegenüber jegli­ chen Witterungseinflüssen resistent blieb. Wesentlich näher, in vier Kilometer Entfernung von den Steinbrüchen, lag das Augustinerchorherrenstift Zschillen, heute zu Wechselburg gehörig, das sich um die Mitte des 12. Jahrhun­ derts und nahezu zeitgleich mit dem Benediktinerkloster entfal­ tete. In Sachen Werkstein hatte Zschillen einen Standortvorteil, wobei die zu überwindende Zwickauer Mulde kein Hindernis F R I E D E R J E N T S C H Die Baugesteine des Benediktinerklosters und ihre Herkunft Abb. 1  Schloßkirche, Strebepfeiler mit verschiedenen Porphyrtuff­ typen an der Südwand (heute im Schloßbergmuseum): Kristalltuff (geschichtet, graugelb), Porphyrtuff vom Typ Kapellenberg (feinkörnig,  gelb-rot gefleckt)

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