Leseprobe
70 beim Steintransport darstellte. Seit etwa 1160 war die Stiftskir che im Bau, 1168 ist eine Teilweihe datiert. Ihre Fertigstellung erfolgte im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts. Der Rochlitzer Porphyrtuff kam in romanischer Zeit auch flussaufwärts der Chemnitz zum Einsatz, so als Gliederungen und Bauschmuck in der aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhun derts stammenden Ursulakirche in Auerswalde. 5 Vermutlich stammt aus dieser frühen Zeit auch ein Säulenfuß aus Rochlitzer Porphyrtuff in der Einfriedungsmauer der Judokuskirche in Chemnitz-Glösa, der hier als Überbleibsel eines Vorgängerbaus eingemauert ist. Für das seit 1143 mit Marktrecht ausgestattete Kloster im oberen Chemnitztal gestalteten sich die Verhältnisse anders. Der Rochlitzer Porphyrtuff stand, wie die umfangreichen Ausgrabungen ergaben, nicht zur Verfügung. Ursachen hierfür können in der Entfernung von etwa 25 Kilometern einschließlich einer schlechten Wegsamkeit zum Rochlitzer Berg oder auch in Regularien zu suchen sein, die einem Abbau für Dritte entge genstanden. Immerhin erforderte der Bau des Klosters Zschillen enorme Mengen an Tuff. Anderes Werksteinmaterial als Alterna tive war zunächst nicht verfügbar. Die ersten Behausungen der Benediktiner im Chemnitztal waren sicher aus dem Holz des angrenzenden Waldes gebaut. Von Anfang an hatten sie den Auftrag und auch das Wissen im Gepäck, steinerne Gebäude nach ihren Vorstellungen und den Maßstäben des Ordens zu errichten. Zudem kamen noch Erfah rungen dazu, für die Bauten verwendungsfähiges Steinmaterial aufzufinden, seine Beständigkeit abschätzen zu können und es zu bearbeiten, damit letztendlich dauerhafte und zugleich re präsentative Bauwerke entstehen konnten. Der Benediktiner orden war bereits im 11. Jahrhundert – ausgehend von Cluny – zu größtem Ansehen und Einfluss gelangt. Überall in Europa waren etwa 1 500 Tochtergründungen entstanden, und die Regel forderte, dass jeder Novize wenigstens einmal nach Cluny pilgerte und sich neben dem religiösen Anliegen auch prakti sche Erfahrungen aneignete. 6 Wesentliche Kenntnisse über die Naturwerksteinverwen dung in Sachsen, auch Zusammenhänge mit anderen, weit älte ren Stätten der Steingewinnung sowie deren Verarbeitung, lie ferte Walter Fischer. Der Rochlitzer Berg mit seinem Porphyrtuff war für ihn ein Forschungsschwerpunkt. Den Anstoß dazu gab ein Besuch in einem römerzeitlichen Steinbruch am Kriemhil denstuhl bei Bad Dürkheim, »dessen senkrechte Wände und stufenförmigen Abbauflächen [...] sofort die Erinnerung an die Rochlitzer Porphyrtuffbrüche weckten und diesen Aufsatz an regten.« 7 Bei näherer Betrachtung lässt sich diese in Rochlitz etablierte Art des Gesteinsabbaus mit Schrämen und Keilspalten später auch in der Chemnitzer Region nachvollziehen. Zunächst standen die Mönche vor der Herausforderung, überhaupt ein geeignetes Gestein zur Ausführung von Bauwerken zu finden. Aus der Erfahrung heraus verwendeten die Benediktiner wei ches, möglichst gut zu Formstücken behaubares Material. In Cluny waren es Kalke, in Maria Laach basaltische Tuffe, Bunt sandstein in der Umgebung von Würzburg und für das Kloster auf dem Petersberg bei Erfurt. Für den neuen Standort an der Chemnitz war nun ein ebenbürtiges Gestein zu finden. Man muss davon ausgehen, dass bereits Erfahrungen bei der Suche nach brauchbaren Baugesteinen vorlagen, dass die Oberfläche nach Lesesteinen abgesucht werden musste, dass bevorzugt an Hängen von Fließgewässern zu suchen war, wo der Grundwas serstand tief lag und wenig verwittertes Material zu erwarten war, oder dass die Zuversicht bestand, an der Oberfläche mehr stückiges, in der Tiefe jedoch festes und für den Bau brauchba res Material zu finden. Wie diese Suche im Detail ablief, bleibt im Verborgenen. Fakt ist aber, dass für die neu entstehende Klosterkirche mit einem Porphyrtuff, dem sogenannten Kristalltuff, ein Material gefunden werden konnte, das zur Herstellung akkurat behaue ner Quader zur Aufführung ganzer Wände, wie es bei den Bene diktinern üblich und althergebracht war, geeignet war. Diese bevorzugt steinsichtige Bauweise im Außenbereich hat sich auch bei den Folgebauten im Kloster fortgesetzt, insbesondere an deren Kirche, wenngleich auch später andere Tuffgesteine wegen der sich verändernden Verfügbarkeit der Materialien zum Einsatz kamen. Das Rotliegende im Erzgebirgsbecken ist ge kennzeichnet durch hauptsächlich sedimentäre Bildungen von Sandsteinen, Schluffen und Tonen, die durch zwei vulkanische Schichtkomplexe unterbrochen werden, die Planitzer und die Leukersdorfer Schichten. In beiden finden sich Tuffablagerun gen, die je nach Verfestigungsgrad Werksteinqualität erreichen können und an einigen Orten abgebaut werden konnten. Die Tuffe treten entsprechend der wannenartigen Beckenstruktur umlaufend zutage. In ihren Ausstrichsbereichen befanden sich auch die Steinbrüche. Sie sind teilweise erhalten, manche noch nachweisbar, andere nicht mehr auffindbar. In den Planitzer Schichten ist es der sogenannte Kristalltuff, der an drei Stellen Werksteinqualität erreicht: Ein Vorkommen südwestlich des alten Stadtkerns, aus dessen Bereich das Material für die romanischen Bauten des Benediktinerklosters herstam men dürfte, ferner ein Vorkommen nahe der Ebersdorfer Stifts kirche, das für deren Bau den Hauptbaustein lieferte, und ein Vorkommen in Adelsberg nahe der Ortslage Gablenz, dessen Ge stein noch an alten Bauerngütern verbaut gefunden werden kann. Wesentliche Merkmale des Kristalltuffs, auch zur Unterscheidung von anderen Tuffen der Region, sind seine meist durchgängig graugrünlichgelbe Färbung, die gewöhnlich deutlich ausgeprägte Schichtung und das Auftreten von kleinen graugrünen Schiefer partikeln bis zu wenigen Millimetern Größe. Der wichtigste Tuff der Leukersdorfer Schichten mit Werksteinqualität ist der be kannte Zeisigwalder Tuff. Er ist farblich sehr abwechslungsreich – in den Tönen Weiß, Gelb, Violett und Rot – sowie in der Farbver teilung sehr variabel. 8 Es handelt sich dabei um einen Aschentuff, der nicht geschichtet ist und selten Einschlüsse zeigt. Als Gewin
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