Leseprobe

140 von Wenkheim und Hans Sittich von Berlepsch am 4. Mai 1521 zum Schein gefangen nehmen und auf die Wartburg verbringen, auf der Berlepsch im Auftrag des Kurfürsten als Burghauptmann diente. Kurfürst Friedrich hatte kühl sowohl auf die ihm im Jahr 1518 aus Rom gemachten Avancen in Gestalt der Verleihung der Goldenen Rose als auch 1521 auf die gegen Luther gerichtete Verhängung von Acht und Bann reagiert. Weder die höchste päpstliche Auszeichnung, die ihn zur Überstellung des »Ketzers Luther« bewegen sollte, noch die Ächtung und Stigmatisierung des Wittenberger Reformators konnten Friedrich davon abhal­ ten, seine eigenen politischen Ziele zu verfolgen. Und die be­ standen zum einen in der Beschränkung des politischen Einflus­ ses der Päpste und ihrer stetig steigenden finanziellen Forde­ rungen und zum anderen in der Begrenzung der kaiserlichen Zentralgewalt. Tatsächlich gelang es dem sächsischen Kurfürs­ ten mit der von ihm entworfenen Wahlkapitulation vom 3. Juli 1519, den reichsreformerischen Spielraum des jungen Kaisers Karl V. entscheidend einzuschränken und die Rechte der Kur­ fürsten zu behaupten. 4 Weit mehr noch als Friedrich setzte sich sein ihm in der Kurwürde folgender Bruder Johann 5 (1468–1532) für die Be­ lange der Reformation ein. Diese Entwicklung hatte auch für die im ernestinischen Sachsen gelegenen Klöster zur Folge, dass eine Rückkehr zum Status quo ante unwahrscheinlicher wurde. Es häuften sich hier wie andernorts im Reich auch im großen Stil Klosteraustritte von Mönchen und Nonnen, Kirchenstürme als Folge der durch die Reformation entfesselten Volksbewegung, Predigtstörungen oder Spottprozessionen. Die klösterliche Le­ bensform mit Askese und Gebet schien ebenso durch das öf­ fentliche Handeln »ungeistlicher Christen« (Ulrich von Hutten) diskreditiert wie durch die Thesen Luthers erschüttert. 6 Die Kon­ sequenz war eine deutliche Verringerung der Zahl der Klöster im Reich, die aus der Aufhebung von Klöstern in jenen Reichs­ teilen resultierte, deren Herrscher sich zum reformierten Glau­ ben bekannten und die hieraus auch das Recht zur Einziehung von Kirchengut ableiteten. 7 In den beiden sächsischen Landes­ teilen vollzog sich dieser Prozess über einen Zeitraum von den 1520er bis in die 1560er bzw. 1570er Jahre und betraf gleicher­ maßen benediktinische Mönchs- wie Nonnenklöster. 8 Im zwi­ schen 1524 und 1526 vor allem im Reich zwischen ländlichen und städtischen Unterschichten einerseits und Fürsten, Adel und Klerus andererseits ausgetragenen Deutschen Bauernkrieg 9 wurden vor allem im süd- bzw. südwestdeutschen Raum auch zahlreiche Benediktinerklöster 10 nicht selten schwer in Mitlei­ denschaft gezogen – richtete sich doch der Zorn der Aufständi­ schen auch gegen die Klöster, deren grundherrschaftliche An­ sprüche von ihnen als immense Belastung angesehen wurden. Die vielfältigen Missstände innerhalb der Kirche nahmen natür­ lich auch die Bauern wahr, sie fanden zudem in den kritischen Predigten und Schriften Martin Luthers, Ulrich Zwinglis (1484– 1531) und Thomas Müntzers 11 (1489–1525) eine weite Verbrei­ tung. Insbesondere Luthers bereits 1520 erschienene Schrift »Von der Freiheit eines Christenmenschen« wurde von den Aufständischen als Absage an die materiellen Ansprüche der Kirche ihnen gegenüber interpretiert, überdies die »Vermittler­ rolle« der Kirche in der individuellen Auseinandersetzung mit Gott infrage gestellt. Der vor dem Hintergrund der bäuerlichen Aufstandsbewe­ gung laufende Diskurs in der Reformationsfrage innerhalb der Reichsstände führte weder auf dem Reichstag von Nürnberg 1524 noch auf dem von Speyer 1526 zu einer Klärung der Ver­ hältnisse. 12 Tatsächlich war Kaiser Karl V. entschlossen, die sich mit der Reformation verbindenden Herausforderungen anzu­ nehmen und ihr aktiv und entschlossen entgegenzuwirken. 13 Er fand im sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich, dem Groß­ mütigen 14 (1503–1554) und dem hessischen Landgraf Philipp, dem Großmütigen 15 (1504–1567) als Führer des 1531 gegrün­ deten Schmalkaldischen Bundes protestantischer Fürsten und Stände des Reiches bedeutende Gegenspieler. Eine Klärung der Rechtslage ergab sich schließlich mit dem Augsburger Religions­ frieden von 1555. Dieser sah unter anderem die Anerkennung aller bis 1552 vorgenommenen Säkularisationen von Kirchengut vor und bestimmte überdies die Befugnis eines Reichsfürsten, über den Glauben seiner Untertanen entscheiden zu können. Indes hatte auch die Kirche auf die aktuellen Entwicklungen rea­ giert. Das Konzil von Trient (1545–1563) zog eine Neuordnung des Ordenswesens nach sich und setzte sich für eine Bekämp­ fung innerhalb der Kirche bestehender Missstände, etwa des Pfründen- und Ablassmissbrauchs ein. 16 Die sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts anschließende Periode eines angespannten »feindlichen Nebeneinanders« von katholischer Kirche und Protestantismus wurde von der rö­ misch-katholischen Kirche im Verein mit dem Kaiser für umfäng­ liche Versuche genutzt, den reformierten Glauben zurückzu­ drängen; ein Prozess, der häufig mit den Begriffen Gegenrefor­ mation bzw. Katholische Reform 17 beschrieben wird, und der schließlich in die Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges mün­ den sollte. Für die weiter bestehenden Klöster brachte diese Entwicklung zahlreiche Präzisierungen in den Regeln des Zu­ sammenlebens mit sich, so bezüglich der Freiwilligkeit des Klos­ tereintritts, eines Mindestalters von 40 Jahren für diejenigen, die sich zur Wahl zum Abt/Prior bzw. zur Äbtissin/Priorin stell­ ten, die Klausur und die Häufigkeit von Kommunion, Beichte und Visitationen. 18 Während in den protestantisch gewordenen Ter­ ritorien des Heiligen Römischen Reiches das (katholische) Or­ denswesen Schritt für Schritt weitgehend erlosch, begann im süddeutschen Raum in zahlreichen Fällen eine Zeit des ökono­ mischen wie künstlerisch-architektonischen Aufschwungs. Der Dreißigjährige Krieg, der gleichzeitig drei Konfliktfelder beinhaltete – neben den »reichsinternen« Auseinandersetzun­ gen zwischen den Reichsständen und dem Reichsoberhaupt ging es um einen europäischen Religionskrieg zwischen Katho

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