Leseprobe

151 im 12. Jahrhundert eine Verbindung zwischen den Wettinern und dem Kloster: Markgraf Konrad wird als Klostervogt genannt und setzt sich als Petent bei Konrad III. für das Kloster ein. Nach dem Nekrolog des Klosters wurden er und alle seine Nachfolger bis 1221 in das Gebetsgedenken der Mönche aufgenommen. Bezüglich des Fernhandelsmarktes muss fest­ gehalten werden, dass wir hier lediglich die rechtliche Privilegierung greifen und über deren Umsetzung keine Aussagen treffen können. Auch die konkrete Ausgestaltung des Besitzradius von zwei Meilen bleibt im Dun­ keln. Deutlich wird durch einige Formulierun­ gen, dass die Mönchsgemeinschaft in Chem­ nitz hier noch am Anfang ihrer Entwicklung stand: Es ist von »jener neuen Pflanzung« ( novellam illam plantationem ) und durch­ gehend nicht von »Kloster« ( monastrium ), sondern von »Zelle« ( cella ) die Rede. | MC Literatur DK.III.86 2 | Abb. S. 42 Kaiser Karl V. für das Kloster Chemnitz Urkunde zur Bestätigung von Privile- gien und Rechten Rom, 17. April 1536 Pergament, Tinte, abhängendes Siegel an Seidenschnur, geflochten aus weißem und rotem Seidenfaden, 40×57 cm, Siegel Dm 15,5 cm Hauptstaatsarchiv Dresden, Signatur No. 10799 In dieser Urkunde bestätigt Kaiser Karl V. (1500–1558) auf Bitten des Abtes und Archi­ diakons von Chemnitz, Hilarius von Rehburg, Rechte und Privilegien, die das Kloster von römisch-deutschen Königen und Kaisern seit seiner Gründung erhalten hat. Namentlich werden hierbei folgende Könige und Kaiser genannt: Lothar II. (moderne Zählung: Lothar III.) als Klostergründer, Konrad II. (moderne Zählung: Konrad III.), Friedrich I., Friedrich II., Adolf (von Nassau), Albrecht I., Ludwig IV., Karl IV. und Sigismund. Diese Liste lässt sich nur bedingt mit den heute auf uns gekommenen Urkunden zum Kloster Chem­ nitz in Einklang bringen. Kaiser Lothar III. wurde spätestens seit dem 13. Jahrhundert als Klostergründer genannt, echte und gefälschte Privilegien mit Besitz- und Rechts­ bestätigungen sind heute erhalten auf: Konrad III. (zu 1143), Friedrich II. (zu 1216 und 1226), Adolf von Nassau (zu 1293), Karl IV. (zu 1348) und Sigismund (zu 1415). Eine Urkunde auf Albrecht I. wird in einer im ausgehenden 16. Jahrhundert angefertigten Auflistung zu den Klosterbeständen erwähnt, ist aber heute verloren. Im vorliegenden Stück bestätigt Kaiser Karl dem Kloster etliche Rechte, unter anderem die Vogtei, die Burg Rabenstein, das Dorf Jahnsdorf mit der niederen und hohen Gerichtsbarkeit, ein Drittel des Gerichts­ gefälles aus der Hochgerichtsbarkeit in der Stadt Chemnitz und den Vorstädten, Wein­ berge, Äcker, Mühlen, Wälder, Gewässer, Silber-, Salz- und Goldfunde und das Recht, sich Defensoren eigenständig zu wählen; unter den Herrschaftsträgern, vor denen das Kloster in Schutz genommen werden soll, werden die Markgrafen von Meißen aus­ drücklich genannt. Diese Urkunde steht auf der einen Seite in einer durchaus üblichen Traditionslinie mit königlichen und kaiserlichen Privilegien für das Kloster Chemnitz; auf der anderen Seite stehen die Bemühungen um kaiserliche Privilegierung und die Betonung des Status als Reichskloster im Kontext der Reformation und des damit verbundenen Zugriffs der Wettiner auf das Kloster. Wir wissen heute, dass der Status als Reichskloster nicht aus­ reichte, um die Auflösung des Klosters in den 1540er Jahren zu verhindern. | MC Literatur Ermisch, Hubert/Posse, Otto: Urkundenbuch der Stadt Chemnitz und ihrer Klöster (Codex diplomaticus Saxoniae regis II,7), Leipzig 1879, S. 427f., Nr. 471 (Teiledition). 3 | Abb. S. 104 Abt Nikolaus und Konvent des Benediktinerklosters Chemnitz Urkunde über denVerkauf von Grundstücken an die Stadt Chemnitz Chemnitz, 29. September 1402 Pergament, Tinte, drei Siegel in hölzernen Siegelkapseln, 40×53 cm, Siegel Dm 5,5 cm, 7×4 cm, Dm 3 cm Stadtarchiv Chemnitz, Signatur A 00/01 Urkunde Nr. 28 Im Laufe der zehn Jahre seit 1392, die Abt und Archidiakon Nikolaus von Meckau dem Chemnitzer Benediktinerkloster als Abt vor­ stand, waren er und der Konvent mit den Bür­ gern der Stadt Chemnitz in Zwietracht gera­ ten, und zwar um ein Gut und einen Weg im Klosterdorf Streitdorf. 1 Um den Konflikt bei­ zulegen, benannte Markgraf Wilhelm von Meißen als Sühneleute Heinrich von Einsie­ del, Heinrich von Witzleben und Nicolaus von Honsberg. Abt Nikolaus wurde unterstützt durch den Abt von Kloster Altzella und die Ritter Albrecht von Buttelstädt und Dietrich von Schönberg. Im Ergebnis der Verhandlungen und nach Aussage der Urkunde vom September 1402 verkaufte das Kloster der Stadt Chemnitz umfangreiche Flurstücke seiner die Stadt umschließenden Klosterdörfer Gablenz, Bernsdorf, Kappel und Borssendorf, sowie mit Ausnahme zweier Grundstücke die gesamte Flur von Streitdorf. Die Kaufsumme für die Äcker und Wiesen betrug 45 »schog grossir phennynghe«, das entsprach 2 700 Silbergro­ schen. 2 Die neue Grenze des Weichbildes der Stadt Chemnitz hatte bis ins späte 19. Jahr­ hundert Bestand und ist auf den ältesten Stadtplänen seit 1761 gut dokumentiert. 3 Die Pergamenturkunde entstammt der städti­ schen Überlieferung. Von ursprünglich fünf angehängten Siegeln blieben drei erhalten, darunter das rotbraune längliche Siegel der Abtei Chemnitz und das runde Konventsiegel mit der thronenden Madonna im Zentrum. Abgesehen von einer weggelassenen Floskel auf Zeile 4 findet sich der Text in der Lesart Hubert Ermischs im Chemnitzer Urkunden­ buch publiziert. | AK Anmerkung 1 Vgl. den Aufsatz von Andrea Kramarczyk: Der große Landverkauf im Jahr 1402. Güter zwischen Kloster und Stadt Chemnitz, in diesem Katalogbuch, S. 103ff. 2 UB Chemnitz, Nr. 76, S. 62.   3 Vgl. Trenckmann-Plan, Kat.-Nr. 25. Literatur Ermisch, Hubert/Posse, Otto: Urkundenbuch der Stadt Chemnitz und ihrer Klöster (Codex diplomaticus Saxo­ niae regiae), Leipzig 1879 (= UB Chemnitz), Nr. 76, S. 61–64.

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