Leseprobe
24 führt. 58 Die Flora der Braunschweiger Gruppe wurde bereits 1757/58 von Simon Feilner für die Fürstenberger Porzellan-Manufaktur in Porzellan geformt, Herbst und Winter dann 1774 von Anton Carl Luplau und Frühling und Sommer 1778 von Carl Gottlieb Schubert. 59 Die früheste Adaption in Porzellan wurde jedoch in Meis- sen von Johann Joachim Kaendler gefertigt. Der Meister schuf bereits um 1744 einen Winter und einen Herbst (ohne Satyrknaben), 60 die auf die Dresdner sowie die Braunschweiger Jahreszeiten von Permoser zurückzu- führen sind, wobei für den Winter auch Elemente von Permosers Vulkan am Kronentor des Zwingers mit ein- fließen. Kaendlers enger Mitarbeiter, Johann Friedrich Eberlein, griff für seine kurz darauf geschaffene Jahres- zeitenfolge ebenfalls auf Permosers Elfenbeingruppe zurück. 61 Die 1745 modellierten Figuren 62 müssen sehr beliebt gewesen sein, denn bereits um 1752 entstand eine weitere Folge von Friedrich Elias Meyer. 63 Der Bacchus als allegorische Darstellung des Herbstes von Eberlein ist eine interessante Mischung aus Kaend- lers Interpretation und der Elfenbeinfigur Permosers (Abb. 2, 3). Eberlein geht hier über die Figur Kaendlers – von der er Oberkörperhaltung, aber auch den Wein rebenkranz um die Hüfte übernimmt – zurück zur Sta- tuette Permosers, also zum Ursprung der Bildidee. Seine Jahreszeitenfolge bindet die Putti wieder in das Gesehen ein. Eberlein reichte dabei jedoch den prominent plat- zierten Kelch des Weingottes an seinen kleinen Kompa- gnon – hier ist der Putto wie bei Permoser ein Satyr – weiter und lässt ihn auf einem Weinfass sitzen. Diese spielerische Variation zeigt das Wesen der Meissener Porzellanfiguren, das schon Sigfried Asche treffend er- kannte: »Für die Meißner Arbeiten ist es bezeichnend, daß sie wörtliche Kopien nicht kennt, aber die Kompi- lierung verschiedener Motive Permosers vielfach weiter- bildet.« 64 Eberlein kannte die Werke Permosers ebenfalls genau, spielte aber mit dessen Bilderfindungen und erfand ei- genständige Lösungen, die – ganz dem Zeitgeschmack des Rokoko entsprechend – oftmals zum Schmunzeln einladen sollten. Die humoristische Interpretation ist hier besonders hervorzuheben und wird bei Kaendler und seinen Mitarbeitern zu einer Art Markenzeichen. Abb. 2 Elfenbeinstatuette des Bacchus als Allegorie des Herbstes aus der Serie der Vier Jahres zeiten, Balthasar Permoser, Dresden 1698/99, Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. II 48
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