Leseprobe

45 2 Herkules und Omphale Anton Carl Luplau (1731–1795) nach einer Elfenbeingruppe von Balthasar Permoser (1651–1732) Form Fürstenberg 1773 (Nr. 277), zeitnahe Ausformung unterglasurblaue Marke F Porzellan und Aufglasurfarben H.: 20,5 cm; B.: 17,6 cm; T.: 8 cm Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, Inv.-Nr. Für 3578 Literatur: Ducret 1965 , Bd. 3: Figuren, S. 109, 112, 279, Abb. 197 (Porzellangruppe Fockemuseum Bremen); Ducret gibt im Text und in der Bildunter- schrift an, dass sich das Elfenbeinvorbild im Victoria and Albert Museum in London befände, was ein Missverständnis ist, weil es sich bei dem Londoner Stück um eine unbemalte Porzellanausformung handelt; Asche 1978 , Abb. 161 (Elfenbeingruppe Kunstgewerbemuseum Berlin), Abb. 291 (Porzellan- gruppe Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig); Wolff Metternich/Meinz 2004 , Bd. 1, S. 109–110, Porzellangruppe Fockemuseum Bremen, Abb. 78; Marth 2018 (im Druck). Die Porzellangruppe zeigt ein Thema der griechischen Mythologie: Herkules musste zur Strafe für einen Mord der lydischen Königin Omphale für einige Zeit als Sklave dienen. Der Heros verweichlicht und verliebt sich oben- drein in seine Herrin, sodass er in liebevoller Verblen- dung Omphale sein Löwenfell und seine Keule überlässt und selbst Frauenarbeit wie das Spinnen von Wolle ver- richtet. Folgerichtig ist hier nicht Herkules der Mittel- punkt, sondern die strahlende Omphale . Sie bekleidet sich mit dem furchterregenden Löwenfell, während der wehleidende Mann mit Wolle und Spindel hantiert. Der Putto links, der die Keule des Herkules im Arm hält, ver- vollständigt die Szene durch seinen Fingerzeig. Vorbild für die Porzellangruppe war eine Elfenbeinskulp- tur von Balthasar Permoser, die sich im Herzoglichen Kunst- und Naturalienkabinett (heute Herzog Anton Ulrich-Museum) befand und sich bereits 1731 in einem Inventar in Braunschweig nachweisen lässt, aber zu einem unbekannten Zeitpunkt vor 1873 aus der Samm- lung verschwand. Wie die Porzellangruppe belegt, war diese Elfenbeinskulptur jener in der Eremitage in Sankt Petersburg und den beiden im Grünen Gewölbe zu Dres- den erhaltenen Gruppen gleichen Themas hinsichtlich der Komposition sehr ähnlich, was über das eine sig- nierte Exemplar auch die Zuschreibung an Permoser si- chert (Kat.-Nr. 1). Einige Details jedoch finden sich nur beim Porzellan und bei einer vierten Elfenbeingruppe, die als Kriegsverlust des Kunstgewerbemuseums Berlin galt und 2007 zurückerworben werden konnte. Die deut- lichsten Parallelen zwischen der Porzellanausformung und dem Berliner Elfenbein sind am Löwenfell zu beob- achten, das hier an der vom linken Arm herabfallenden Partie sehr glatt dargestellt ist und Fellfransen nur am unteren Rand zeigt, sowie an dem langen Fellzipfel auf dem rechten Oberschenkel Omphales . Auch die Beinhal- tung Omphales und Faltenzüge am Löwenfell belegen, dass das Berliner Elfenbein als Vorbild diente und also mit dem in Braunschweig verloren gegangenen Werk identisch ist. In der Fürstenberger Manufaktur ist die Herkules- und Omphale -Gruppe mit großer Kreativität und auch in an- deren Zusammenhängen verwendet worden. So hat sich in Hannover eine Ausformung erhalten, in der sich Her­ kules der Omphale frontal zuwendet und deswegen vom Rücken zu sehen ist. Auch entstand eine Potpourrivase mit drei großen Nischen, die jeweils mit einer Figur be- setzt wurden. Exemplare befinden sich in Braunschweig (Herzog Anton Ulrich-Museum) und in Hannover (Mu- seum August Kestner). Die drei Figuren wurden also of- fenbar jeweils getrennt geformt und erst für den Brand in unterschiedlicher Weise zusammengesetzt. Regine Marth/Braunschweig

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