Leseprobe
155 ther II. diese aufgrund zu erwartender und dann auch eintretender Verwicklungen mit Sachsen-Weimar erst 1709 in Anspruch. So besetzte Sachsen-Weimar 1711 Arnstadt zwecks Demonstration seiner lehns rechtlichen Vorherrschaft mit 1 500 Mann Militär (»Weimarische Woche«, 9. – 15. Juli). 14 Die Rudolstädter Linie verkündete die ihr 1697 und er neut 1710 zuteil gewordenen Standeserhöhung erst 1710. 15 Beigelegt wurden die sich aus der Standeserhöhung der Schwarzburger erge benden Differenzen mit den Albertinern bzw. Ernestinern erst durch Vergleiche von 1719 bzw. 1731. 16 Die Fürstung der Schwarzburger war seitens des Reiches mit der Auflage zur Einführung der Primogenitur verbunden worden. Als in diesem Sinne 1713 der Abschluss eines Erbfolgevertrages mit Schwarz burg-Rudolstadt erfolgte, wurde die Primogenitur auch darin veran kert. 17 Beide Fürstentümer verzichteten künftig auf weitere Landestei lungen. Die Regierung fiel nun dem jeweils Erstgeborenen zu, während die nachgeborenen Prinzen finanziell und durch angemessene Resi denzen abzufinden waren. Angesichts der umfangreichen Nachkom menschaft von Christian Wilhelm erwies sich die Primogenitur als ge eignetes Mittel zur Ordnung der dynastischen Verhältnisse. Von seinen insgesamt 15 Kindern erreichten zehn, darunter sechs Söhne, das Er wachsenenalter. Doch löste die Einführung der Primogenitur nicht nur Probleme, sondern schuf auch neue. Heinrich und August, der Zweit- und der Drittgeborene der Söhne, standen der Primogenitur zunächst ablehnend gegenüber, wodurch Streitigkeiten aufgeworfen wurden, die in der Dynastie jahrzehntelang – auch nach ihrer offiziellen Beile gung – für Unstimmigkeiten sorgten. In Vorahnung einer solchen Ent wicklung berief Christian Wilhelm noch zu Lebzeiten – am 20. April 1720 – den Erbprinzen Günther als Fürst Günther I. (1678–1740, reg. ab 1720 / 21) zum Mitregenten. 18 Der Trend zur Zentralisierung wurde durch die Tatsache verstärkt, dass Anton Günther II. 1716 kinderlos verstarb, weshalb Christian Wilhelm das gesamte Fürstentum vereinigen und an Günther I. weitergeben konnte. Die Erhebung in den Reichsfürstenstand war auch bezüglich der kul turellen Präsenz der Höfe in Sondershausen und Arnstadt von Bedeu tung, wobei retrospektiv verschiedene Schwerpunkte wahrzunehmen sind. Die Hofhaltung Christian Wilhelms wurde überregional vorrangig durch die hier veranstalteten Hoffestlichkeiten bekannt, von denen einige ihrer exemplarischen Konzepte wegen Eingang in die Kulturge schichte gefunden haben. 19 Dabei ist u. a. auf eine 1694 in der Fasanerie aufgeführte Bauernmaskerade und das am 6. Januar 1702, dem 55. Ge burtstag des Fürsten, in einer aufwändigen, illuminierten Dekoration aufgeführte »Sing-Ballett« zu verweisen, das von keinem Geringeren als dem später am Kaiserhof wirkenden Concettisten Carl Gustav Heräus konzipiert wurde. Anton Günther II. hingegen war ein bedeutender Sammler von Kunstwerken und Antiquitäten. Sein diesbezügliches In teresse dürfte auf seinen Aufenthalt am Hof von Braunschweig-Wolfen büttel zurückzuführen sein. Berühmtheit erlangte seine 20 000 Stück umfassende Münzsammlung, die er – wohl um die aus der Reichsfürs tenwürde entstehenden finanziellen Belastungen abzubauen – 1712 für 100 000 Taler an Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha verkaufte. In den bestehenden gräflichen Residenzen Sondershausen und Arnstadt wurden nun Strukturen entwickelt, die Fürstenhöfen ange messen waren. Dabei konnte an ihre traditionelle Funktion als kleine Residenzen, in denen gewisse Grundlagen einer institutionellen und personellen Infrastruktur vorhanden waren, angeknüpft werden. Für die »Landeskinder« hatten der gehobene Status und die gestiegenen Ansprüche in sich widersprüchliche Folgen, da sie nun mitunter zu sätzlichen Belastungen ausgesetzt waren, sich andererseits aber der gesteigerte Bedarf des höfischen Lebens wirtschaftsfördernd auswirkte. Baupolitik und Baubedarf. Der Weg in den Fürstenstand war für Christian Wilhelm mit dem Anspruch auf eine zeitgemäße, dem reprä sentativen Rahmen der angestrebten Standeserhöhung angemesse nen Baupolitik verbunden. Aus dem Grafen wurde ein Fürst, aus der Grafschaft ein Fürstentum, aus der gräflichen Residenz eine fürstli che. Dieser Wandel bedufte einer architektonischen Manifestation. So deutlich die dynastie- und staatsbezogenen Gründe des »Barock«-Umbaus auch erkennbar sind, stand der Sondershäuser Schlossumbau doch auch in einem generellen Kontext der Entwicklung des Schlossbaus in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Im Rahmen der die Schlossbaukunst Abb. 135 Christian Wilhelm, Fürst von Schwarzburg-Sondershausen, Gemälde von Johann Peter Feuer lein, nach 1697 (Schlossmuseum Sondershausen, Kb 256).
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