Leseprobe

321 Für die noch zu erwerbende Sammlung sollten jetzt 1 000 Qua­ dratmeter berücksichtigt werden. Bei 2 500 Quadratmetern Aus- stellungsfläche insgesamt, zu der außerdem noch Räume mit 400 laufendenMeternWandfläche für die Gemäldegalerie hinzu- zurechnen waren, beanspruchte Riegel für die projektierte Gips- sammlung also nicht unerheblich viel Raum. Auch Angaben zur Verteilung und Gewichtung der Sammlung waren Bestandteil des Bauprogramms: »500 □ mnach antikenWerken. 300 nachmittel- alterlichen und späteren Werken. 200 nach neueren Werken.« 10 Gleichwohl argumentierte der Museumsdirektor, und das ist ins- besondere mit Blick auf die 2016 als Sonderausstellungsräume wiedereröffneten Erdgeschosssäle des Museumsbaus als geradezu richtungsweisend zu bewerten, mit zukünftigen Raumbedürf­ nissen. 11 Diesen Vorgaben für ein neues Museumsgebäude genügte der aus Wolfenbüttel stammende und in Frankfurt am Main tätige Architekt Oskar Sommer (1840– 1894), dessen Entwurf »Nord- licht« im Herbst 1882 den ersten Preis im Wettbewerb um den Neubau erhielt, schließlich mit den drei hellen, auf der Südseite des Hauses gelegenen Sälen 11, 10 und 9 (Abb. 2). 12 Die baulichen Gegebenheiten waren also geschaffen, Raum für die Sammlung war vorhanden. Als allerdings das Gebäude bereits im Bau war und die von den Baukosten getrennte Bewilligung der Geldmittel für die Inneneinrichtung anstand, entschied sich das Herzogliche Staatsministerium überraschenderweise gegen die Gipsabguss-Sammlung; ihre Anschaffung rückte unerwartet in weite Ferne. In der als Bewilligungsgrundlage angelegten Kostenaufstel- lung für die Einrichtung des Museums von 1884 berücksichtigte Riegel in der beantragten Gesamtsumme von 160000 Mark auch die Gipssammlung, für die er eine erste Erwerbungsliste mit 203 Positionen einreichte. 13 46000 Mark veranschlagte er für deren Anschaffung und Einrichtung. 25 000 Mark entfielen auf die Abgüsse selbst, der Rest war für Fracht und Transport, vor allem die Transportkisten, und für die Herrichtung von Sockeln sowie die Anfertigung von Beschriftungen vorgesehen. Nicht ganz einDrittel des Etats war also für die neu anzulegende Samm- lung vorgesehen. 14 Doch das Herzogliche Staatsministerium diversen Zeitungsartikeln über den Zustand des Hauses; HAUM, Altregistratur, Neu 98, Herman Riegel, Einschätzungen zur Situation, in: Erläuterungen zum Kostenanschlag, S. 2 –3; HAUM, Altregistratur, Neu 91, ProMemoria Herman Riegels zumZustand des Hauses, 12. 11. 1875; vgl. auchNLAWO, 299 N, Nr. 144, Maschinenschr. Abschrift der Lebenserinnerungen des weild. Museumsdi- rektors Geh. Rat Prof. Dr. Hermann [sic!] Riegel [1834– 1900] in Braunschweig von Major a. D. Karl Hartwieg [um 1930], bes. S. 87 – 88; Höltge 2004, S. 223. | 8 Vgl. z. B. Meier 1902, S. 3. – Vgl. zu Riegels Vorgehensweise Höltge 2004, S. 224. | 9 Vgl. HAUM, Altregistratur, Neu 93, Übersicht der räumlichen Bedürfnisse in demneu zu errichtendenGebäude des HerzoglichenMuseums, sowie Grundrisszeichnungen für einMuseum, in denen verschiedene Räume mit demBegriff »Gypssammlung« bezeichnet sind. | 10 HAUM, Altregistratur, Neu 95, Programm zu einemNeubau für die Sammlungen des Herzoglichen Museums in Braunschweig, 29. 6. 1882; vgl. auch Ausst. Kat. Braunschweig 1987, S. 40–41, Kat. Nr. 25. Die Konkurrenzausschreibung für den Neubau erschien als Beilage in den Braunschweigischen Anzeigen, 4. 7. 1882, Nr. 154; vgl. ebd., S. 39 –40, Kat. Nr. 24. | 11 Vgl. Riegel 1873, S. 49. – Auch Fink 1955, S. 81, ist dieses Argument bezeichnenderweise nicht entgangen. | 12 Vgl. dazu auch HAUM, Kupferstichkabinett, Nr. 20, Erläuterungen des Architekten Oskar Sommer zu seinem ersten Entwurf von 1882, Konkurrenzprojekt zu einem neuen Museumsgebäude in Braunschweig. Motto: »Nordlicht.«, bes. S. 9: »Der Parterrestock deßen Flügel beleuchtet sind nach Art der Dresdener Gallerie enthält außer Direktion, Bibliothek u. demgrößten Theil der Kupfer- stichsammlung (siehe oben) die Gypssammlung, getheilt in antike 480 □ m, die moderne 150 □ m u. die mittelalterliche 240 □ m, in Summe 870 □ m. Außerdem ist in den großen Vestibülräumen noch reichlich Platz zum Auf- stellen von Gypsabgüßen, so daß die Zahl von 1 000 □ m erreicht ist.« – Zu bedenken ist allerdings, dass der Entwurf, den dieser zumWettbewerb einge- reicht hatte, zwar den ersten Preis der Jury erhielt, aber umgehend als unaus- führbar bewertet und in der Folge grundlegend überarbeitet wurde. Vgl. zur Entwurfs- und Bauphase, in der Riegel erheblichen Einfluss auf den Architek- ten nahm, sodass insbesondere die Innenaufteilung mehr nach seinen als nach den Vorstellungen Sommers ausgeführt wurde, Wex 1987 a, S. 20–22. | 13 Vgl. HAUM, Altregistratur, Neu 98 und Neu 99 mit Erwerbungsliste; zur Bewilligung des Nachtragshaushaltes für die Einrichtung des Museums vgl. auchWex 1987a, S. 22–24. | 14 Vgl. Höltge 2004, S. 244 und Anm. 267 dort. | 2  Herzogliches Museum, Grundriss des Erdgeschosses, 1891

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