Leseprobe
Biografien 166 HERMANN FLADE ❚❚ 1932 wurde Hermann Flade in Würzburg geboren. Er wuchs in Olbernhau (Erzgebirge) und Dresden auf und wurde im katholischen Glauben erzogen. ❚❚ Ab 1942 besuchte Hermann Flade der Oberschule in Ol- bernhau. Im selben Jahr wurde er in das Deutsche Jungvolk übernommen. Er verließ diese Organisation der national- sozialistischen Hitlerjugend (HJ) bereits zwei Jahre später wieder. ❚❚ 1949/50 arbeitete er als Hauer im Uranbergbau bei der Sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) Wismut in Marien- berg. ❚❚ 1950 kehrte Hermann Flade an die Oberschule in Olbern- hau zurück. Er trat der FDJ bei. Mit dem katholischen Pfarrer Arthur Langer diskutierte er über die Missstände in der DDR. ❚❚ Vom 10. bis zum 14. Oktober 1950 verbreitete Hermann Flade in Olbernhau 186 Flugblätter, die er mit einem Druck- kasten hergestellt hatte. Darin kritisierte er das SED-Re- gime sowie die Tatsache, dass dieWahlberechtigten bei der bevorstehenden ersten Volkskammerwahl am 15. Oktober 1950 nur einer Einheitsliste (»Nationale Front«) zustimmen konnten. Andere Kandidaten waren nicht zugelassen. ❚❚ In der Nacht vom 15. Oktober 1950 wurde er von einer Zivilstreife der Volkspolizei gestellt. Er wehrte sich gegen die Festnahme und verletzte imHandgemenge einen Volks- polizistenmit einemTaschenmesser. Hermann Flade konnte entkommen. ❚❚ Am 17. Oktober 1950 wurde Hermann Flade verhaftet. Nachdem ihm der Untersuchungsrichter eröffnet hatte, seine Eltern und seine Großmutter seien ebenfalls festge- nommen, legte Flade ein Geständnis ab. Vernehmungen durch das MfS unter Anwendung von Gewalt schlossen sich an. ❚❚ Am 10. Januar 1951 verurteilte das Landgericht Dresden Flade nach Artikel 6 der Verfassung der DDR wegen »Boy- kotthetze«, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbe- amte und versuchten Mordes zumTode. Der Schauprozess im »Tivoli« in Olbernhau wurde über Lautsprecher auf den Vorplatz und im Rundfunk übertragen. ❚❚ Am 29. Januar 1951 wurde das Todesurteil nach massi- ven Protesten in der Bundesrepublik und in der DDR auf- gehoben. Hermann Flade wurde im Revisionsverfahren zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. ❚❚ Am 30. März 1951 erfolgte Flades Verlegung aus der Un- tersuchungshaftanstalt Zwickau nach Bautzen. ❚❚ Am 7. Mai 1951 wurde er in die Strafvollzugsanstalt Tor- gau verlegt. Hier verbrachte er fast drei Jahre in Einzelhaft. ❚❚ Am 22. Dezember 1955 wurde Flade wegen einer schwe- ren Tuberkuloseerkrankung in das Haftkrankenhaus in der Strafvollzugsanstalt Waldheim überwiesen. Nach seiner Genesung arbeitete er dort als Hilfspfleger. ❚❚ ImNovember 1960 erfolgte Flades Entlassung im Rahmen einer Amnestie. Er siedelte in die Bundesrepublik über. ❚❚ 1967 schloss er das Studium der Politischen Wissen- schaften mit der Promotion ab. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Gesamtdeutschen Institut in Bonn war er für Jugend- und Kulturpolitik in der DDR zuständig. ❚❚ Am 16. Mai 1980 starb Hermann Flade in Bonn an den Spätfolgen der Haft. Ullstein-Bilderdienst Berlin
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