Leseprobe
81 Nach dem Kurswechsel in der Baupolitik der Sowjetunion stellte die 1. Baukonferenz im April 1955 auch in der DDR die Weichen neu und schuf die Voraussetzungen für die Einfüh- rung der Typenprojektierung und industrieller Bauweisen. Die schon bald darauf als »Große Wende im Bauwesen« apostrophierte Abkehr vom Dogma der Nationalen Bautraditionen war mit der Rehabilitierung moderner Bauformen und erneuerten Bezügen zur internatio- nalen Entwicklung in der Architektur verbunden. Durch den Einsatz von Typenbauten und Montagekonstruktionen erhoffte die SED-Führung eine Verbilligung des Bauens und ein deutlich höheres Tempo. Damit schien die Möglichkeit gegeben, den Wiederaufbau der Stadtzentren in einem kurzen Zeitraum abschließen zu können. Die neue sozialistische Stadt fand nach 1955 ihre Leitbilder nicht mehr in der Geschichte, sondern in offenen Stadträumen und schmucklosen Fassadenrastern, wobei vor allem jün- gere Architekten diesen Wandel als befreiend empfanden. In den Beschlüssen des V. Parteitags der SED aus dem Jahr 1958 zum beschleunigten Wiederaufbau der zerstörten Stadtzentren rangierte Leipzig hinter Berlin an nächster Stelle. Bis zur 800-Jahrfeier 1965 sollte die Neubebauung des Stadtzentrums zu einem ersten Abschluss kommen. Mit dem Ziel des beschleunigten Wiederaufbaus war die Vorgabe verbunden, die Stadt von innen nach außen neu zu gestalten. Deshalb begann der Umbau am Markt, wo der Cha- rakter Leipzigs als Messestadt betont werden sollte. In einem zweiten Bauabschnitt ent- stand bis 1969 die Bebauung am Brühl und am Sachsenplatz. Nach der Einweihung des Neubaus der Karl-Marx-Universität im Jahre 1973 wurden die Arbeiten im Stadtzentrum eingestellt, eine Ausnahme bildete das 1981 vollendete Neue Gewandhauses. In den inneren Vorstädten wurde nur die Bebauung entlang der Windmühlenstraße bis zum Bayrischen Platz fertiggestellt.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1