Leseprobe

5 Geleitwort Der vierte und letzte Teil der Ausstellungsreihe zur Leipziger Architekturgeschichte ist den drei Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gewidmet – vom Beginn des Wiederaufbaus bis zur Grundsteinlegung für das Wohngebiet Leipzig-Grünau im Sommer 1976. Die Reihe entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Stadtgeschichtlichen Museum, dem Stadtarchiv und dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt Leipzig. Die 100. Wiederkehr des Tages der Einweihung des Neuen Rathauses im Jahre 2005 gab den Anlass, das Werk seines Architekten Hugo Licht vorzustellen. Es folgten Ausstellungen über Architektur und Städtebau in der Weimarer Republik und während der NS-Diktatur. Bei der Vorbereitung konnten wir auf die reichen Bestände des Stadtgeschichtlichen Muse- ums und des Stadtarchivs zurückgreifen. Viele bislang unveröffentlichte Pläne sind restau- riert und neben einer großen Zahl unbekannter Fotografien erstmals ausgestellt worden. Mit dem Abschluss der Ausstellungsreihe erscheint die Leipziger Architekturgeschichte des späten 19. und des 20. Jahrhunderts in einem neuen Licht. Deutlich wurden die bestim- mende Rolle des kommunalen Bauwesens, seine Organisation und Arbeitsweise, die Stel- lung der Stadtbauräte, die bis in die Nachkriegszeit auch selbst entwerfend tätig waren und die Besonderheiten der Leipziger Stadtentwicklung jenseits der allgemeinen Strömungen. Die Architekturgeschichte der DDR lässt sich nicht als kontinuierliche Entwicklung beschrei- ben, sie ist von staatlich diktierten Periodisierungen geprägt, die etwa, wenn auch nicht ganz mit den Zäsuren ihrer politischen Geschichte – Gründung der DDR, Mauerbau, Erich Honeckers Machtantritt – zusammenfallen. DemWiederaufbau folgte eine Phase des Neu- beginns. Nach Veröffentlichung der »16 Grundsätze des Städtebaus« im Sommer 1950 sollten die Städte in der DDR in scharfer Abgrenzung zu den Leitbildern des internationalen Städtebaus in der Bundesrepublik nach Moskauer Vorbild mit Magistralen und Zentralen Plätzen in einem traditionellen Modus neu bebaut werden. Diese Zeit des Nationalen Auf- bauwerkes endete abrupt auf der 1. Baukonferenz der DDR im April 1955 mit der Abkehr von der handwerklichen Traditionsarchitektur und der Neuorientierung auf Typenprojektierung und Montagekonstruktionen. Gleichzeitig forderte die SED-Führung den beschleunigten Wiederaufbau der zerstörten Stadtzentren bis 1965. Parallel zu den großzügig angelegten Stadträumen, Ensembles und Solitären mit einem hohen Kultur- und Wohnanteil entstanden ab 1960 Siedlungen in Großblock- und Großtafel- bzw. Plattenbauweise losgelöst von den

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