Leseprobe

66 Personal Feindbild Der Umgang zwischen Strafvollzugsbediensteten und Gefangenen beschränkt sich im Alltag auf Anweisungen, die zumeist in einer militärischen Kommando- sprache gegeben werden. Persönliche Gespräche, die es trotz aller Verbote auch gibt, werden auf den Dienstberatungen als »Versöhnlertum« oder »Schwatzhaf- tigkeit« gebrandmarkt. Die Gefängnisleitung weist immer wieder auf die »Feind- lichkeit« und die »Gefährlichkeit« der Gefangenen hin. Politische Gefangene sind als Feinde zu behandeln, weil sie die Gesellschaftsordnung der DDR kritisieren. Dennoch fällt es der Leitung schwer, das Feindbild zu vermitteln. Viele »Politi- sche« entsprechen nicht dem herkömmlichen Bild eines Strafgefangenen. Sie kommen aus gesellschaftlich anerkannten Lebensbereichen und sind gebildet. Trotzdem hält ein Teil der Bediensteten aus Überzeugung am verordneten Feind- bild fest. Andere geben diese Distanz auf und lassen sich auf persönliche Kon- takte ein. Von der Gefängnisleitung wird das mit Disziplinarstrafen, Versetzung nach Bautzen I oder gar Entlassung bestraft.

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