Leseprobe

Diensträume der Stasi Zwischen 1963 und 1989 nutzen drei hauptamtliche Mitarbeiter der Staats­ sicherheit die Büroräume im Hafthaus. Sie unterstehen nicht dem Leiter der Haftanstalt, sondern sind direkt an das Ministerium für Staatssicherheit in Ber- lin angebunden. Als »Offiziere für Sonderaufgaben« sind sie in Bautzen II sta­ tioniert, um die Gefangenen ins Visier zu nehmen. Sie überwachen die Häftlinge mit geheimpolizeilichen Methoden, forschen sie aus, bespitzeln, demoralisieren und isolieren sie. Die weit reichenden Befugnisse der Offiziere sind sowohl den Häftlingen als auch den Bediensteten bekannt. Zu Recht werden sie deshalb als die eigentlichen Leiter der Haftanstalt angesehen. Bis 1965 verrichten sie ihren Dienst in der Uniform der Volkspolizei. Da sie trotz dieses Tarnungsversuches stets als Stasi-Mitarbeiter erkannt werden, tragen sie fortan Zivilkleidung. »Nach meiner Ankunft in Bautzen II kam ich zum ›Chef‹ von Bautzen II, dem MfS-Major mit Spitznamen Onkel. Wir benutzten Spitznamen, da wir andere nicht kannten. Er sagte, dass er und seine Leute die Abläufe bestimmen und keineswegs die ›Anstaltsorgane‹. Das seien nur ausführende Leute, die seiner Weisung unter- standen. Zur eigentlichen Leitung kam ich erst anschließend. Warum die sich Leitung nannte, ist ein ungeklärtes Rätsel. Zu entscheiden hatte diese Leitung vielleicht, wann die Weltrevolution stattfindet, oder wie der nächste Schichtplan aussieht.« Winfried Christen, Häftling in Bautzen II, 1969 bis 1970

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