Leseprobe
183 Häftlingsschicksale Rudolf Bahro Politischer Gefangener von 1977 bis 1979 Der DDR-Bürger Rudolf Bahro veröffentlicht 1977 in der Bundesrepublik Deutschland sein Buch »Die Alternative«, in dem er den Staatssozialismus der SED kritisiert. Unmittelbar nach Erscheinen des Manuskripts wird er in Ost-Berlin festgenommen. Bahro, geboren 1935 in Bad Flinsberg (heute Polen), studiert Philosophie in Ost-Berlin. Er arbeitet als Zeitungsredakteur und wird 1967 Abteilungsleiter in einem Produktionsbetrieb. Seit 1956 steht er unter Beobachtung der Staats sicherheit, weil er gegen die Niederschlagung des Ungarn-Aufstands durch sowjetische Truppen protestiert. 1968 erhebt er Widerspruch gegen den sow- jetischen Einmarsch in die Tschechoslowakei. Die Staatssicherheit intensiviert seine Überwachung. Anfang der siebziger Jahre formuliert Bahro seine reformsozialistischen Ideen und lässt das Manuskript in den Westen bringen. Nach einem Vorabdruck im westdeutschen Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« nimmt die Staatssicherheit Bahro im August 1977 fest. Das Stadtgericht Berlin verurteilt ihn im Juni 1978 wegen »Übermittlung von Nachrichten für eine ausländische Macht und Ge- heimnisverrat« zu acht Jahren Gefängnis. Ab August 1978 ist Bahro in Bautzen II in Isolationshaft. Im Oktober 1979 beugt sich das DDR-Regime den starken internationalen Protesten und lässt Bahro vorzeitig frei. Er wird in die Bundesrepu blik Deutschland abgeschoben. Noch während der Friedlichen Revolution kehrt Bahro im Dezember 1989 nach Ost-Berlin zurück. 1990 erhält er eine Professur für Sozialökologie an der Humboldt-Universität Berlin. Das Oberste Gericht der DDR hebt im Juni 1990 das Urteil gegen ihn auf. Rudolf Bahro stirbt am 5. Dezember 1997 in Berlin. Rudolf Bahro, 27.8.1981 Bahro bei einer Diskussionsveranstaltung »Forum Frieden« in der Bonner SPD-Parteizentrale, Bundesbildstelle Berlin
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