Leseprobe

193 Häftlingsschicksale Walter Janka Politischer Gefangener von 1956 bis 1960 Walter Janka wird im Dezember 1956 von der Staatssicherheit festgenommen. Sie wirft ihm die Bildung einer »konterrevolutionären Gruppe« vor. Nach fast achtmonatiger Untersuchungshaft wird er im Juli 1957 in einem Schauprozess gemeinsam mit Gustav Just, Heinz Zöger und Richard Wolf wegen »Boykott­ hetze« zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Janka, geboren 1914 in Chemnitz, stammt aus einer kommunistischen Arbeiterfamilie. Während der nationalsozialistischen Diktatur wird er wegen sei- ner Mitgliedschaft in der KPD im »Gelben Elend« in Bautzen inhaftiert. Nach seiner Entlassung flieht Janka 1935 ins Exil. Am Ende des Zweiten Weltkriegs kehrt er in die sowjetische Besatzungszone zurück. Janka wird Funktionär im Parteivorstand der SED und ist von 1948 bis 1950 Generaldirektor des ostdeut- schen Filmstudios DEFA. Er wechselt zum Aufbau-Verlag, dessen Leitung er 1952 übernimmt. Janka gehört zu einer Gruppe von Intellektuellen, die Reformen innerhalb des sozialistischen Systems diskutieren. Nach dem Tod Stalins 1953 hoffen die Reformer auf eine Demokratisierung. Diese Hoffnungen zerrinnen, als im November 1956 der Ungarn-Aufstand durch sowjetische Truppen blutig nie- dergeschlagen wird. Kurz darauf werden Parteikritiker wie Janka verhaftet. Seine Haftstrafe verbüßt Janka ab Februar 1958 in Bautzen II. Internationale Proteste veranlassen die SED-Führung, ihn im Dezember 1960 vorzeitig aus der Haft zu entlassen. Janka bleibt in der DDR. Bis zu seiner Pensionierung 1972 arbeitet er als Dramaturg. Im Oktober 1989 veröffentlicht er seine Memoiren »Schwierigkeiten mit der Wahrheit«, die großes Aufsehen in der DDR erregen. Das Oberste Gericht der DDR hebt im Januar 1990 das Urteil gegen ihn auf. Walter Janka stirbt am 17. März 1994 in Kleinmachnow bei Berlin. Walter Janka, 1989 Ullstein Bilderdienst

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