Leseprobe
· 77 · Thomas Kremer · Miriam Raschka · Ruslan Stetsyk Prinz Max von Sachsen und die Ostkirchen Papst Pius X. holt aus zu einem Pauken- schlag. Dieser trifft im Jahr 1910 mit voller Wucht den bereits seit zehn Jahren im schweizerischen Fribourg Liturgiewissen- schaft und Kirchenrecht lehrenden Priester und Professor Prinz Max von Sachsen. Ihm wird die Lehrerlaubnis entzogen, seine wei- tere akademische Zukunft ist mit einem Mal völlig ungewiss. So zumindest wurde es dar- gestellt und wahrgenommen, wobei sich der Papst in Wirklichkeit wohl lediglich in einem Schreiben distanziert hatte. Was war ge- schehen? Es waren Visionen des Prinzen Max über die Wiederherstellung der Einheit der Christenheit, die Anstoß erregten, weil sie mit den damaligen römischen Auffas- sungen unvereinbar erschienen. Vorausge- gangen war der Zeitschriftenbeitrag »Ge- danken über die Frage der Einheit der Kir- chen«. 1 Dessen Titel mag unverfänglich klingen, sein Inhalt aber barg in der dama- ligen Zeit große Sprengkraft, da er eine unerhörte ökumenische Ansicht vortrug. Aus heutiger Sicht kann kein Zweifel daran bestehen: Der Prinz war damals seiner Zeit weit voraus. Seine Position in dieser Frage hängt aufs Engste zusammen mit einem Links: Prinz Max mit einem unbekannten Begleiter am Generalseminar der Ruthenen in Lemberg, Foto, 1910/14. Rechts: Papst Pius X. auf dem Heiligen Stuhl, Foto, 1904.
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