Leseprobe
· 151 · chen zu leben habe. In der Rückschau er- kennt er die Gier, den Egoismus und die Gefühlskälte seiner eigenen Familie und enger Bekannter. 1903 kritisiert Tolstoi Prinz Max’ Schwä- gerin Luise von Toscana, die erklärte, stark von den Werken des russischen Autors be- einflusst worden zu sein: »Ich bekenne mich zur christlichen Lehre, deren erster Grundsatz der ist, unser Vergnügen und un- ser Glück der Wohlfahrt unserer Nachfahren zu opfern. Diese Frau hat den Frieden und das Glück nicht nur ihres Gatten und ihres Schwiegervaters geopfert, sondern vor al- lem auch das ihrer Kinder [...]. Diese hat alles für das Vergnügen geopfert.« 7 der großen Zahl der Lohnarbeiter steht eine geringe Anzahl vermögender Groß bürger und moralisch zerrütteter Aristo- kraten gegenüber. Vor allem ein zeitgenössischer Autor inspiriert Max von Sachsen: Lew Nikola- jewitsch Tolstoi. In einigen Werken be- schreibt Tolstoi die Lebensweise einer Bür- gerklasse, deren Leben mehr von Konven tionen und Pflichten als von menschlichen Gefühlen und moralischen Prinzipien be- stimmt ist. Beispiel dafür ist die Figur Iwans in »Der Tod des Iwan Iljitsch« (1886). Iwan, ein Richter von 45 Jahren, philosophiert über sein wohlgeordnetes Leben, weil ihm eröffnet wird, dass er nur noch wenige Wo- Oben: Lew Nikolajewitsch Tolstoi (1828–1910), Postkarte, um 1900. Rechts: Luise von Toscana mit ihrer 1903 geborenen Tochter Anna Monica Pia, Postkarte, 1906.
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