Leseprobe
48 Regina und Andreas Ströbl, Dana Vick Abb. 8 Fontanellenblech mit Lederriemen. Abb. 9 Gedrechseltes Döschen aus Knochen. werden. Vor allem aber traten zunächst kaum sichtbare Verzie rungen wie Blumen, Engelsköpfe und Kruzifixe klar und zum Teil farbenprächtig hervor (Abb. 3) . Eigentümlich für die Holz särge ist das fast völlige Fehlen von Inschriftentafeln mit Namen und Lebensdaten der Verstorbenen. Es gibt sie nur an zwei Särgen. 17 Bibel- und Kirchenliedzitate sind hingegen reichlich vorhanden. Möglicherweise sollte dadurch eine fromm-beschei dene Haltung sichtbar werden. Unter den Zierelementen fallen bei den Holzsärgen kunstvolle Kassettierungen auf. Bei einem Beispiel sind die oblongen Kassetten durch vergoldete Flamm leisten gerahmt (Abb. 4) , bei insgesamt drei Särgen ist jeweils ein plastisch wirkendes Kreuz auf den Deckelplatten durch Profilleisten wiedergegeben (Abb. 5) . Diese Objekte sind alle in das 18. Jahrhundert zu datieren. Ein besonderes Schmuckstück ist der eingangs erwähnte Sarg der Agnesa Catharina von Bünau. Erst nach einer reini genden und konservierenden Oberflächenbehandlung wurde die hohe künstlerische Qualität der Bemalung offenbar. Die Materialanalyse zeigte, dass der Corpus mit Polimentgold bzw. Blattsilber überzogen worden war. 18 Auf diesen Untergrund waren Inschriften, Ornamente und große Engelsköpfe mit un terschiedlichen Gesichtszügen aufgebracht worden. Auf einer Deckelwange ist ein oft auf Särgen wiedergegebenes Zitat, der Text Hiob 19, 25–27, in dem die fleischliche Auferstehung thematisiert wird, zu lesen (Abb. 6) . 19 Von fünf verschiedenen Stellen innerhalb der Gruft konnten etliche Reste von Totenkronen geborgen werden. Die Vielzahl der unterschiedlichen Materialien und Ausführungen ist heraus ragend. Leonische Drähte in verschiedensten Formen, gewellte Blechstreifen, Seide, Tüll, Süßwasser- und Stäbchenperlen bilden vorzugsweise Blumen in unterschiedlichster Gestalt (Abb. 7) . Einblick in die medizinische Praxis im Barock gibt der Fund eines sogenannten Fontanellenblechs (Abb. 8) . Es befand sich im rechten Ärmel des Gewandes eines vermutlich in der spät adulten Lebensphase verstorbenen Mannes. Der Verstorbene hatte die Bandage am Oberarm getragen und wurde damit bestattet. Es besteht aus einer leicht konvex gebogenen Bunt metallplatte in den Maßen von 6,5×6,5 Zentimetern, die mit tels zweier Lederriemen und Metallhaken in den Schlitzen der Platte größenverstellbar umgeschnallt werden konnte. Dazu
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