Leseprobe

Der Albertturm auf dem Collmberg 113 Im Jahr 1717 beschrieb der Schriftsteller und Theologe Christian Gerber (1660–1731) die »berühmten Berge in Sach­ sen«. Unter diesen nahm der Collmberg für ihn eine besonde­ re Stellung ein: »Unter Oschatz lieget auch ein sehr hoher Berg, der Culmberg genannt.« 3 Der Berg, so Gerber, könne auch Zottenberg genannt werden, da, »wenn man von Oschatz nach Wurzen fahret, so siehet man diesen Berg stets zur lincken Hand, und es ist immer, als ob er nachzottele.« 4 Auch auf seine Funktion als »Wetterhahn, nach welchem sich die umliegenden Dorffschaften richten«, wies Gerber hin. 5 Der Collmberg ist im Vergleich sächsischer Berge nicht sehr hoch, doch auch »nicht gerade klein«, wie ein kleines Heftchen »Der Kollm. Kurze Beschreibung des Berges und seiner Aus­ sicht« aus dem Jahr 1901 erläutert: »So hat er doch eine hohe geschichtliche Bedeutung.« Beschrieben wird die Entstehung des aus Grauwacke und quarzitischem Sandstein bestehenden Berges, berichtet wird von der vor- und frühgeschichtlichen Besiedlung, von heidnischen Opferstätten, von der Christiani­ sierung der Region, von den ersten Landtagen der Markgrafen von Meißen im 12. und 13. Jahrhundert am Fuße des Berges, von den Kämpfen der Hussitenkriege in der Umgebung und schließlich von den großen Jagden der Kurfürsten von Sachsen im 17. und 18. Jahrhundert in dieser Gegend. 6 Es verwundert wenig, dass in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Wunsch entstand, hier einen Aussichtsturm zu errichten. Aussichtstürme wurden damals, seit den ersten Bauten im aus­ gehenden 18. Jahrhundert, zunehmend populär. 7 Sie boten Vergnügen, dienten aber auch dem Natur- und Bildungserleb­ nis und wurden wichtige Faktoren im aufkommenden Frem­ den- und Ausflugsverkehr; nicht selten, jedoch vorwiegend im Deutschen Kaiserreich, erhielten sie auch eine Denkmalfunk­ tion und wurden nach Monarchen oder anderen Persönlichkei­ ten benannt. 8 Der schließlich auf dem Collmberg errichtete Turm war jedoch nicht das erste Turmprojekt für den Standort. Ein Turm für die Hirschjagd Die ausgedehnten Wälder des Wermsdorfer Forstes, ehemals als Mutzschener Heide bezeichnet, bildeten ein vorzügliches Jagd­ gebiet, das auch die sächsischen Kurfürsten gern und häufig nutzten. Hier hatte bereits Kurfürst August (reg. 1553–1586) durch die Zusammenführung größerer Flächen ein ausgedehn­ tes Jagdrevier geschaffen. Als am Ende des 18. Jahrhunderts auch in Sachsen, wie zuvor schon in Frankreich und England, die Parforcejagden in adligen Kreisen zur Mode wurden, gewann die Gegend erneut an Bedeutung. Unter Kurfürst Friedrich August I. (reg. 1694–1733) und seinem Sohn Friedrich August II. (reg. 1733–1763) fanden im Wermsdorfer Forst, meist ausgehend vom neuen Schloss Hubertusburg, glanzvolle Jagdgesellschaften statt, die auch große gesellschaftliche Ereignisse darstellten. Von Anton Egon von Fürstenberg (1656–1716), dem Statthalter Abb. 2 Aussichtsturm auf dem Collmberg, Postkarte aus dem frühen 20. Jahrhundert. Abb. 3 Albertturm auf dem Collmberg nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen (2018).

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