Leseprobe
114 Thomas Brockow Augusts des Starken im Kurfürstentum Sachsen, wurde der Wermsdorfer Forst dazu weitgehend umgestaltet und durch Wege erschlossen; unterhalb des Berges am Dorf Collm entstand ein Jagdpavillon für Festlichkeiten und große Gesellschaften, »Halali« genannt. Mit dem Siebenjährigen Krieg endeten die stattlichen Jagdveranstaltungen hier zunächst. Erst später weilte Kurfürst Friedrich August III. (reg. 1763–1806, als Friedrich August I. bis 1827 König von Sachsen) des Öfteren zur Jagd im Schloss Hubertusburg. 9 Auch Kurfürst Johann Georg I. (reg. 1611–1656) war be geisterter Jäger und häufig im Wermsdorfer Wald unterwegs: »Unter allen Vergnügungen stand dem lebenskräftigen, thaten lustigen, geistig wenig angeregten Kurfürsten das edle Waidwerk am höchsten«, vermerkte im 19. Jahrhundert sein Biograf. 10 Bis zur Fertigstellung des Jagdschlosses in Wermsdorf, dessen Er richtung er bei Regierungsantritt in Auftrag gegeben hatte, hielt er sich während der Jagdzeiten im Schloss Mutzschen auf. Auf dem Collmberg wollte Kurfürst Johann Georg I. zur Hirschfeist einen Turm errichten lassen. Dazu gab er 1629 dem Oberforstmeister Wehle zu Colditz und dem Amtsvogt Wei ßenberg zu Oschatz einen entsprechenden Befehl. Am Oster dienstag 1630 sah man sich den Ort an und ließ einen Anschlag fertigen. Geplant war ein zweigeschossiges, steinernes Gebäude, 29 Ellen hoch und mit 48 Ellen Umfang, abgeschlossen mit einem vergoldeten Knopf und einer ebensolchen Fahne. Unten im Erdgeschoss sollten Stallungen, Küche und Keller, darüber ein Zimmer mit sechs Fenstern angeordnet werden. 11 Wohl der Beginn des Dreißigjährigen Krieges verhinderte die Errichtung des Turmes. Ein geplantes »Nationaldenkmal« auf dem Collmberg Die zögerliche Haltung des Königreiches Sachsen und schließ lich das lange Festhalten am Bündnis mit Napoleon in den Befreiungskriegen zeigte auf demWiener Kongress Konsequen zen: Sachsen wurde durch Preußen besetzt und geteilt; ein Großteil des Gebietes ging an das benachbarte Königreich. Als König Friedrich August I. im Jahr 1815 aus preußischer Gefan genschaft nach Sachsen zurückkehrte, wurde er enthusiastisch empfangen und gefeiert. Diese Begeisterung war auch eine Solidaritätsbekundung, denn die Annexionspolitik Preußens wurde als willkürlich und ungerecht empfunden. König Fried rich August I. regierte bis zu seinem Tod im Jahr 1827, ohne dass er das Land voranbringen konnte; notwendige Reformen blieben aus. Dennoch erhielt er bereits zu Lebzeiten den Bei namen »der Gerechte« und erlebte eine große Verehrung. Am 20. März 1822 erschien im »Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschaften«, einer Beilage der »Abend-Zei tung« in Dresden, eine Bekanntmachung. Es wurde um Beiträ ge für ein Turmprojekt auf dem Collmberg geworben: »Schon vielfältig ist der Wunsch ausgesprochen worden, auf dem zwi schen Oschatz und Hubertusburg liegenden Collmenberg, durch Erbauung eines Thurmes, eine freiere Aussicht zu be kommen.« 12 Zur Illustration des Vorhabens wurde dem »Weg weiser« ein Steindruck beigelegt (Abb. 4) : Geplant war ein Ge bäude mit quadratischem Grundriss in Form einer Ruine mit drei Etagen, 25,5 Ellen hoch und 11 Ellen breit, wie es in der Ankündigung hieß. Man hatte vor, noch im Sommer 1822 mit dem Bau zu beginnen und ihn im Herbst abzuschließen. Bei träge, so hieß es, könnten abgegeben werden bei folgenden Personen: Amtshauptmann von Boblick auf und zu Zeschau, Oberforstrat Cotta zu Tharandt, Hofrat Eisenbuch zu Leipzig, Forstmeister von Leipziger zu Wermsdorf, Müller auf und zu Wiederode (bei Mutzschen) und Ober-Konsistorialrat Weber zu Dresden. 13 Von der wahren Intention des Projektes war in der Öffent lichkeit zunächst nicht die Rede. Eingeweiht war nur ein kleiner Kreis, der sich um Spenden bemühte, u. a. der Kreishauptmann des Leipziger Kreises, von Einsiedel. Dieser schrieb am 18. Juli 1823 an die Justizbeamten der Ämter Rochlitz, Colditz und Leisnig, berichtete von demTurmbauverein und bat um Unter stützung und Spenden. Die »eigentliche Bestimmung« des Pro jektes, die zunächst noch nicht publik gemacht werden sollte, sei, »dadurch der 50jährigen segensreichen Regierung Sr. Ma jestät unsres allerverehrtesten König und seinen hohen Regen tentugenden als dankbare Anerkennung seiner jetzt lebenden Unterthanen öffentlich darzulegen und zugleich der fernsten Nachwelt ein bleibendes Nationaldenkmal zu überliefern.« Je dem Sachsen, »wes Standes er sei, sei die freiwillige Theilnahme zur Förderung dieser patriotischen Unternehmung« zugestan den. 14 Abb. 4 Projekt für einen Turm auf dem »Collmenberge« von 1822, Beilage im »Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissen schaften«, Nr. 23, 20. März 1822.
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