Leseprobe
116 Thomas Brockow Der Turm selber sollte in »gothischem Style« aus auf dem Collmberg gewonnenem Bruchstein gebaut werden, die »Aus lagen und Ornamente« aus Sandstein. Die Aussichtsplattform des Turmes plante man durch eine Treppe in einem Anbau zu erschließen, um die beiden übereinander liegenden Räume (»7½ Ellen Durchmesser«) nicht zu beeinträchtigen. 24 Für den Entwurf hatten die Initiatoren den Dresdner Ar chitekturprofessor Nicolai gewinnen können. Georg Hermann Nicolai (1811–1881) hatte im Jahr 1850 die Nachfolge von Gottfried Semper als Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Dresden angetreten, der nach demMaiaufstand 1849 die Stadt verlassen musste. Der demText beigegebene Stahlstich zeigt den Entwurf (Abb. 6) : 25 Einen Turm mit rundem Grund riss und spitzbogigen Öffnungen, dem ein bis zur Plattform runder, darüber polygonaler Treppenturm angefügt war. Dieser ragte über die zinnenbekrönte Aussichtsplattform hinaus und besaß ein polygonales Zeltdach. Realisiert wurde der Turm in deutlich vereinfachter Form. Statt eines angesetzten Treppenturmes führte man die Stufen mit einer aus Ziegeln gemauerten Brüstung spindelförmig au ßen um den Turm herum. Die Öffnungen wurden statt mit Spitzbögen mit Rundbögen überfangen und der aufwändige Zierrat in gotischen Formen unterblieb. Der Zinnenkranz als oberer Abschluss wurde jedoch übernommen. Die Grundsteinlegung erfolgte am 8. August 1853. Der Oberförster Götz auf Reudnitz hielt zunächst »eine kurze, aber sinnige Rede«. Es folgte ein dreimaliges Vivat auf den Namens geber des Turmes, »unsres jetzt geliebten Prinzen und einstigen Thronfolgers Albert« sowie das Singen des Sachsenliedes »Den König segne Gott«, vermerkten die »Oschatzer gemeinnützigen Blätter« in einem ausführlichen Bericht. 26 Am 24. April 1854 konnte das »Comité des Thurmbaues« verkünden, dass der Turm soweit vollendet sei und »die Plattform von dato an be stiegen werden kann.« 27 Wenn auch der erste Aussichtsturm in Sachsen – der 1796 errichtete Turm auf der Landeskrone in Görlitz – deutlich älter ist, gehört der Albertturm auf dem Collmberg doch zu den ältesten Türmen im Land, die für eine weite Aussicht errichtet wurden. Und er ist der erste Aussichtsturm in Sachsen, der zugleich als Denkmal gedacht war, als patriotisches Monument im Königreich Sachsen, was durch die Namensgebung sinnfäl lig zum Ausdruck gebracht wurde. In den ersten fünf Jahrzehn ten des 19. Jahrhunderts entstanden in Sachsen nur wenige Aussichtstürme: Bis 1848 waren es lediglich vier. 28 Drei Jahre vor dem Albertturm war in der Oberlausitz der steinerne Aus sichtsturm auf dem Czorneboh fertiggestellt worden. Kurz nach dem Albertturm, ebenfalls noch im Jahr 1854, konnte auf dem Löbauer Berg ein gusseiserner Aussichtsturm eingeweiht wer Abb. 6 Das Turmprojekt für der Collmberg von 1852, Entwurf wohl von Georg Hermann Nicolai, aus: Der Collmberg bei Oschatz, Text von Robert Naumann, Leipzig 1852.
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