Leseprobe

Der Albertturm auf dem Collmberg 117 den, dessen Namenspatron der kurz vor der Einweihung bei einem Unfall in Tirol verstorbene sächsische König Friedrich August (reg. 1836–1854) war. 29 Bereits vor dem Turmbau zog auf dem Collmberg ein Aus­ schank die Wanderer an. 30 Jetzt entstand eine sich rasch ausdeh­ nende Gastronomie, die zu einem beliebten Ausflugslokal wurde (Abb. 7) , mit überdachtem Freisitz und Musikhalle sowie Tanz­ saal. Hier befand sich auch ein Pavillon im chinesischen Stil, der zuvor am Fuße des Berges gestanden hatte und an die Hofjagden erinnerte. 31 Der Collmberg wurde Treffpunkt für Familienfeiern und Stammtische, Ausflugsziel von Vereinen, Ausflugsgruppen und Schulklassen, häufig aus Leipzig kommend; viele Besucher verewigten sich, auch mit Gedichten, in den Fremdenbüchern der Gaststätte. 32 Der Albertturm und der Collmberg wurden entsprechend häufig zum Thema der heimatkundlichen Litera­ tur. 33 Auch das genannte Heft von 1901 beschrieb den Collmberg als Ausflugsziel: »Unter schattigen Bäumen sitzen oft Hunderte von Personen im Freien und trinken Bier und Kaffee und genie­ ßen die balsamische Luft«, selbst König Albert besteige den Berg, wenn er sich in der Nähe aufhalte. 34 Punkt der Landesvermessung Im Jahr 1865 erhielt der Albertturm eine bedeutende Funktion im Rahmen der sächsischen und mitteleuropäischen Landes­ vermessung. Da von der Aussichtsplattform ein weiter Blick über die Baumwipfel hinaus in die Landschaft möglich ist, bot sich der Turm als trigonometrischer Punkt der Anfang der 1860er-Jahre beginnenden, neuen Landesvermessung geradezu an. »Gleich im ersten Netzentwurfe war der auf dem Collm­ berge bei Oschatz errichtete steinerne, 18 Meter hohe Alberts­ thurm als wichtige Hauptstation der Europäischen Gradmes­ sung ersehen«, berichtete Christian August Nagel (1821–1903), Professor für Geodäsie an der Königlich Sächsischen Polytech­ nischen Schule zu Dresden und damals verantwortlich für die Königlich-Sächsische Triangulierung. 35 Seit dieser Zeit steht auf der Südseite der Aussichtsplattform ein Pfeiler aus Niederher­ wigsdorfer Granit mit folgender Aufschrift: »KÖN. SÄCHS. / STATION / COLLM/ DER /MITTELEUROP. / GRADMESSUNG/ 1865« (Abb. 9) . 36 Mit dem Ziel der genaueren Vermessung der Erdfigur wur­ de 1861 in Preußen die mitteleuropäische Gradmessung initi­ iert, der sich 1862 das Königreich Sachsen neben anderen Län­ dern anschloss. Im Königreich Sachsen wurde dazu in den Jahren 1863 bis 1890 ein Dreiecksnetz mit 36 Punkten aus Steinsäulen gebildet, das Netz 1. Ordnung. Diese Dreiecksnet­ Abb. 7 Der Albertturm auf dem Collmberg, um 1860, Zeichnung und Verlag Gustav Täubert, Dresden.

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