Leseprobe
24 Das Restaurierungskonzept für die historischen Teile, ins besondere für den Umgang mit den teils stark fragmentierten Tafelbildern, wurde ab 2013 im Landesamt für Denkmalpflege entwickelt. An dieser Stelle sei Steffi Bodechtel für ihre einfühl same Arbeit bei der Untersuchung des Bestandes und der Arbeit an der Musterachse ganz herzlich gedankt. Die auch an dem Chemnitzer Altar anzutreffende Kombi nation von Skulpturen im Mittelschrein und gemalten Tafeln auf der Festtagsseite kommt bei etwa einem Viertel der sächsi schen Flügelaltäre vor. 1 Das Retabel in der Jakobikirche mit den Skulpturen von Peter Breuer (1471/ 72–1541) und den Mal tafeln von Hans Hesse (um 1470 – ca. 1539) wird auf 1505 datiert. 2 Es gilt neben dem Flügelaltar aus der ehemaligen Niko laikirche Zwickau, der sich heute im Grassi-Museum Leipzig befindet, ein weiteres Beispiel für die Zusammenarbeit der Künstler Hans Hesse und Peter Breuer. 3 Bei näherer Betrachtung stellt sich allerdings die Frage: Ist das wirklich so? Denn aus dem frühen 16. Jahrhundert stam men lediglich die beiden Flügel sowie die Skulpturen einer Kreuzigungsgruppe mit der unter dem Kreuz knienden Maria Christine Kelm Der Flügelaltar in der Jakobikirche Chemnitz Abb. 1 Rekonstruktionsversuch des spätgotischen Flügelaltars aus der Johanniskirche Chemnitz von Walter Hentschel. Als nach dem Abschluss des Wiederaufbaus des kriegszerstörten Schiffes der Jakobikirche in der Chemnitzer Innenstadt die tren nende Ziegelwand durch eine Glaswand ersetzt und im Chor die mittelalterliche Raumfarbigkeit wieder hergestellt wurde, stellte sich die Frage nach einem passenden Altarretabel für diese Kirche. Seit 1950 hatte die Gemeinde lediglich den Chor als Gottesdienstraum genutzt. Nun wurde der spätgotische Flü gelaltar, der etwa 1970 aufgestellt worden war, für den gesamten Raum als zu klein empfunden (Abb. 2). Eine erste Idee der Kirchgemeinde, den ehemals hier befindli chen Altar aus dem späten 18. Jahrhundert mit Gemälden von Adam Friedrich Oeser zu rekonstruieren, erwies sich aus verschie denen Gründen als nicht realisierbar. Daher schien die Wiederauf stellung des vorhandenen Flügelaltars mit zeitgenössischen Verän derungen, z.B. einer gewünschten Vergrößerung durch Hinzufügen eines Gesprenges in modernen Formen, eine angemessene Lösung. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Sachsen lobte daraufhin einen Wettbewerb aus, in dessen Jury das Landesamt für Denk malpflege nicht stimmberechtigt war. Der Siegerentwurf wurde realisiert und der erweiterte Altar zu Pfingsten 2018 eingeweiht.
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