Leseprobe
34 Kornelia Röder Marcel Duchamp: Transformation als künstlerisches Konzept Transformationsprozesse sind für Marcel Duchamps Werk äußerst sig- nifikant. Sie stellen nicht nur ein bedeutendes Experimentierfeld des Künstlers dar, sondern ermöglichten es ihm, sich vom traditionellen Kunstbegriff zu befreien. Definiert man Transformation mit Übertragung, Wandel, Umformung, Veränderung oder Wechsel, dann kann mit diesem Begriff ein für Duchamp charakteristisches Gestaltungskonzept beschrie- ben werden. Im Folgenden gilt es, einige Aspekte dieses komplexen Themas näher zu betrachten. Der Fokus richtet sich auf Transformatio- nen des Energetischen, Linguistischen, Phonetischen, des Medialen und auch auf Gender-Transformationen, um grundlegende Aussagen zur Spezifik seines Werks treffen zu können. Die Untersuchung ausgewähl- ter transformativer Prozesse eröffnet Einblicke in den von Duchamp ent- wickelten prozesshaften Kunstbegriff, in dem es »nichts Statisches« 1 mehr gibt. Damit verändert er zu Beginn des 20. Jahrhunderts radikal das Verständnis von Kunst. Projiziert man Theodor W. Adornos Feststel- lung, dass jedes »Kunstwerk [...] ein Augenblick [ist]; jedes gelungene ein Einstand, momentanes Innehalten des Prozesses, als der es dem beharrlichen Auge sich offenbart« 2 , auf die Kunst von Duchamp, lässt sich eine Ursache für dessen bis heute währende Aktualität definieren. 3 T 1 Marcel Duchamp aus der Weißen Schachtel , 1966 Reproduktion
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