Leseprobe
108 liszts letzte tage � Am 5. Juli 1886 trifft Liszt am Bahnhof von Luxemburg ein und erreicht am 6. Juli gegen zwei Uhr morgens Schloss Colpach, das damals im Besitz des mit Liszt befreundeten Malers Mihály Munkácsy war. In Gesellschaft der Munkácsys, des ebenfalls anwesenden Kardinals Haynald und Liszts Schülers Stavenhagen verbringt er dort die folgenden Tage. Am 19. Juli fährt er von Colpach nach Luxemburg und besucht am Abend ein Konzert im Bürgerca- sino. Er fühlt sich krank und hustet ständig, setzt sich jedoch auf inständigenWunsch Frau Munkácsys an den Flügel und spielt seinen ersten Liebestraum, Mélodies polonaises aus Glanes de Woronince und seine 6. Soirée de Vienne . Wahrscheinlich war es das letzte Mal, dass der große Pianist die Tasten eines Klaviers berührte. Am 20. Juli reist er nach der Frühmesse nach Bayreuth, wo er – bereits stark fiebernd – am 21. Juli nachmittags eintrifft. Er wohnt imHaus Wahnfriedstraße 9 (heute ein Liszt-Museum). Liszts Zustand verschlech- tert sich nun von Tag zu Tag, gleichwohl besucht er am 23. und 25. Juli die Parsifal- und Tristan -Aufführungen. In den Zwischenakten schleppt er sich zur Logenbrüstung, um zu applaudieren. Am 28. Juli konstatiert der aus Erlangen herbeigerufene Dr. Fleischer eine schwere Lungenentzündung. Cosima schläft von nun an im Vorzimmer und verbringt am 31. Juli den ganzen Tag am Bett ihres Vaters. Bis halb 11 Uhr abends stöhnt Liszt laut, dann wird sein Atem fliegend. Nach zwei Einspritzungen in die Herzgegend bäumt sich sein Oberkörper mehrmals auf, schließlich fällt seine Hand kraftlos nieder. Es ist kurz vor Mit- ternacht, als sein Herz zu schlagen aufhört. 121 Maisy Wolff, Colpach, Juli 1886. Die letzte Photographie Franz Liszts, aufgenommen am 19. Juli 1886, wenige Tage vor seinem Tod, von der Luxemburger Amateurphotographin Maisy Wolff. Liszt verlässt Schloss Colpach (Besitz des Malers Mihály Munkácsy) am Arm von Cécile Munkácsy, der Gattin des Malers. Es ist die einzige Photographie, die Liszt mit Zylinder zeigt und – wenn man so will – der einzige »Schnappschuss« des Komponisten. 122 Hans Brand, Bayreuth, 1. August 1886.
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