Leseprobe

134 39 Laurent Delvaux Gent 1696–1778 Nivelles Moritz von Sachsen 1746/1748 Marmor; H. 74,5 cm (mit Sockel) Signiert auf der Rückseite des Büstenfußes, über dem Sockel: FAIT PAR / LAVRENT. / DELVAUX / SCULPTEUR. / DE LA COUR / AU PAYS BAS Inv.-Nr. H4 5/36 Provenienz: 1765 aus dem Nachlass des Grafen Heinrich von Brühl erworben Literatur: Heiner Protzmann in Dresden 1992, 658, Kat.-Nr. 42; Protzmann 1995; Jacobs 1999, 340–343; Bärbel Stephan in Dresden 2001a, 80, Kat.-Nr. 13 Die Büste zeigt den unehelichen, aber 1711 nachträglich legiti- mierten Sohn Augusts des Starken und seiner Geliebten Maria Aurora Gräfin von Königsmarck. Schon in jugendlichem Alter tat Moritz (1696–1750) sich während des Spanischen Erb­ folgekriegs unter Prinz Eugen in Flandern positiv bei den Streitkräften hervor, 1720 trat er dann in französische Militär- dienste ein und feierte dort große Erfolge. 1744 wurde er von Ludwig XV. zum Marschall von Frankreich, 1747 zum Gene- ralfeldmarschall ernannt. Moritz von Sachsen war aufgrund seiner siegreichen Feldzüge sehr beliebt und hoch angesehen. Sein daraus resultierendes Selbstbewusstsein und die Ausstrah- lung tatkräftiger Entschlossenheit kommen in der Büste von Delvaux hervorragend zur Geltung. Auf einem trapezförmigen Sockel mit Rokokoverzierungen sitzt sein Haupt über einer Büste mit abgeschrägten Armansätzen. Die Vorderseite des Sockels wird durch das kurfürstliche Wappen, ergänzt um zwei gekreuzte Marschallstäbe mit bourbonischen Lilien und einer alles umgebenden Kette mit der Insignie des polnischen Ordens des Weißen Adlers, geschmückt. Seitlich sind Waffen­ embleme angebracht, rückseitig die in einen Lorbeerkranz eingeschriebenen Initialen des siegreichen Feldherrn. Der stolz erhobene Kopf ist nach rechts gedreht, der Blick konzentriert in die Ferne gerichtet. Das Haar ist der Mode entsprechend seitlich eingerollt und hinten zu einem lockeren Zopf gebun- den. Unter dem pelzbesetzten Mantel, welcher mit dem ein- gestickten Kreuzstern des polnischen Ordens des Weißen Adlers und dem dazugehörigen Motto »pro fide rege et lege« (Für Glauben, König und Gesetz) versehen ist, trägt er ein Wams mit Schärpe, den Hals schmückt eine breite Schleife. Die Büste ist durch die Signatur als Werk des in Gent geborenen Bildhauers Laurent Delvaux ausgewiesen. Die genaue Datierung lässt sich anhand eines 1746 von Delvaux angefertigten Bildnismedaillons des Moritz von Sachsen sowie eines Briefes vom 17. Mai 1749, in dem der Marschall seine Zufriedenheit mit der Arbeit Delvaux’ zum Ausdruck bringt, auf die Jahre 1746/1748 eingrenzen.1 Nach Aufenthalten in England, Italien und Portugal kehrte Delvaux 1732 in die Nie- derlande zurück, wo er im darauffolgenden Jahr unter Erzher- zogin Maria Elisabeth von Österreich zum Hofbildhauer ernannt wurde. Zwischen 1741 und 1745 arbeitete Delvaux in seiner Geburtsstadt an der Kanzel der Kirche St. Bavo. In Gent traf er auf Moritz von Sachsen, der während des Österreichi- schen Erbfolgekriegs die französischen Truppen anführte und 1745 die Stadt eroberte. Im Zuge dessen fertigte Delvaux das Bildnismedaillon, welches wiederumMoritz von Sachsen dazu veranlasste, den erfolgreichen Bildhauer auch mit der Ferti- gung seiner Bildnisbüste zu betrauen, die über den Grafen Heinrich von Brühl schließlich in den Besitz der Dresdner Skulpturensammlung gelangte.2 Birgit Langhanke 1 Jacobs 1999, 340–342. 2 Zu weiteren Versionen der Büste in Terrakotta und Gips siehe Jacobs 1999, 342f. Abb. 53 Jean-Etienne Liotard, Moritz von Sachsen , um 1746–1749, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister (Detail)

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