Leseprobe

92 14 Hermes im Typus Andros-Farnese Gips; Höhe mit Plinthe 212,5 cm Original: um 100 n. Chr., nach einem Vorbild aus dem 4. Jh. v. Chr. von Praxiteles oder einem Nachfolger; Rom, Vatikanische Museen, Inv.-Nr. 907 Inv.-Nr. ASN 2356 Unwillkürlich stellt sich die Frage: wieso Hermes (Merkur)? – Es fehlt doch alles an der Statue des nackten jungen Mannes, was ihn zu Hermes, zum Götterboten, zum Gott der Diebe wie der Reisenden und zugleich Begleiter der Seelen auf ihrem Weg in die Unterwelt, den Hades, macht. Der Jüngling trägt einen Mantel, der ihm von der Schulter am Rücken herabfällt und um den linken Arm gewunden ist. Einen ähnlichen Mantel hat auch der Apoll vom Belvedere (Kat. 1), was allein die Statue aber noch nicht zum Götterbild macht. Ein solcher Mantel würde ebenso gut zu einem Athleten passen. Selbst der Baumstamm – unnötig beim Bronzeoriginal –, den der Bild­ hauer der Marmorstatue aus statischen Gründen hinzufügte, liefert keinerlei Hinweise auf die Identität des Mannes, der vielmehr ein Schönheitsideal als einen Gott zu verkörpern scheint. Er wirkt fast lasziv, präsentiert sich im regelrechten, doch gleichzeitig »gelösten« klassischen Kontrapost, das Ge­ wicht auf das rechte Bein verlagert, was einen eleganten bogen­ förmigen Schwung zur Folge hat, der die Figur buchstäblich von der Zehenspitze bis zum Scheitel durchzieht. Abb. 60 Peter Paul Rubens Merkur und Argus , um 1635/38 Öl auf Eichenholz; 63×87,5 cm, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 962 C

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