Leseprobe
69 der darüber, auf 148 Metern, liegenden Aussichtsplattform ermöglichten zwei Schnellauf- züge im Inneren des Turmes, um die sich mehr als 750 Treppenstufen wendelten. 3 Jährlich besuchten etwa 200 000 Gäste das Turmcafé, um von dort die Aussicht über das Elbtal zu genießen. Bald wurde der Fernsehturm auch zur beliebten Touristenattraktion. Ganz neben- bei wurde so Dresden nun endlich auch eine äußerst stadtbildverträgliche, damit so gar nicht »sozialistische« Höhendominante beschert. Seit mittlerweile fast drei Jahrzehnten ist der Turm aber für die Öffentlichkeit unzugänglich, weil er 1991 nach der Insolvenz des Cafébetreibers von der neuen Eigentümerin, der Deut- schen Funkturm GmbH, geschlossen wurde; das hat baulich deutliche Spuren hinterlassen. Die zum Fernsehturm führende, lange Freitreppe ist vollständig verschwunden, an ihrer Stelle ist längst eine ländliche Idylle entstanden. Statt der raumhohen Außenwandverglasungen, die das Foyer einst zu einem lichtdurchfluteten Raum werden ließen, riegeln verputzte Mauern das Bauwerk hermetisch nach außen ab. Zu sehr fürchtete die Eigentümerin Van- dalismus durch ungebetene Gäste. Damit präsentiert sich der erschließende Flachbau ent- sprechend verschlossen, während der Turm selbst in seiner äußeren Erscheinung nahezu unverändert geblieben ist. Im Erdgeschoss sind allein das schmückende Wandbild und die dunkle Natursteinwand übriggeblieben und erinnern an die einst elegante Gestaltung der Eingangshalle. Das Turmcafé ist seiner ursprünglichen Bestimmung vollständig beraubt, zeigt aber noch die alte Raumdisposition. Kurioserweise entwickeln die deutlich sichtbaren Spuren von Alterung und Leerstand schon fast eine eigene Ästhetik des leisen Verfalls. Bis heute wird der Fernsehturm aber als Sendemast für Rundfunk und Fernsehen, Mobilfunk und Datenfunkdienste genutzt, wofür auch entsprechende Instandhaltungsmaßnahmen erfolgten. Der Dresdner Fernsehturm zeigt einmal mehr, wie einflussreich ein Engagement der Stadt- gesellschaft sein kann. Es ist vor allem das Verdienst des Fernsehturm Dresden e. V., dass der Fernsehturm in den letzten Jahren wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt ist. Viele Jahre war um seine Wiedereröffnung und ein tragfähiges Nutzungskonzept gerun- gen worden. Inzwischen ist die Finanzierung für die Sanierung des Fernsehturms gesichert, die zur Hälfte aus Mitteln des Bundeshaushaltes, und zu jeweils einem Viertel aus Mitteln des Freistaates Sachsen und der Landeshauptstadt Dresden erfolgen wird. Die Dresdner Fernsehturmgeschichte wird damit versöhnlich enden. Anmerkungen 1 Siehe Heinle, Leonhardt, S. 12. | 2 Siehe Pospischil, S. 9ff. | 3 Siehe https://www.vereinfernsehturmdresden.de (letzter Zugriff 13.8.2019).
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