Leseprobe
Im 16. Jahrhundert entwickelten sich in der Zeit nach der Reformation neben der Porträtmalerei noch verschiedene andere, sogenannte GENRE , die das veränderte Interesse an neuen Themen zeigten. Landschaften, Stillleben oder Alltagsszenen aus dem Leben der Menschen hielten nun Einzug in die Kunst. Besonders in den protestantisch geprägten Ländern, wie z.B. den Niederlanden, schufen die Künstler statt religiöser Gemälde eine Vielzahl von Bildern, die alltägliche Gegenstände darstellten. Mit vermögenden Bürgern, Ratsherren oder Vereinigungen, sog. Gilden , in großen Städten wie z.B. Amsterdam oder Utrecht gab es auch eine Vielzahl potentieller Käufer der Gemälde. Die Gemälde des JOHANNES VERMEER wurden von dem bekannten Kunstwissenschaftlicher Ernst Hans Gombrich einmal sinngemäß als Stillleben mit menschlichen Gestalten bezeichnet. Und tatsächlich mutet auch sein »Brieflesendes Mädchen« , das bereits seit 1742 zu der Dresdner Sammlung gehört, wie ein S T I L L L E B E N an. Als hätte jemand die Zeit angehalten und den Vorhang ein Stück zur Seite geschoben, damit man dieser jungen Frau beim Lesen eines Briefes zuschauen kann! Wer sich heute auf unseren Straßen umsieht, der findet jede Menge junge und ältere Menschen, die lesend nach unten schauen, um in ihren Smartphones eine Nachricht oder die neuesten Meldungen im Internet zu lesen. Manchmal kann man an ihren Gesichtern erahnen, welcher Art die Nachrichten sind. Lächelt sie oder er? Oder sind es bedrückende Meldungen? In Vermeers Gemälde geben die spiegeln- den Scheiben das Gesicht des jungen Mädchens wieder, das ganz versunken und aufmerksam die Zeilen des Briefes liest. Welche Botschaft der Brief hat, das lässt uns der über der Brief leserin als Gemälde an der Wand angebrachte Cupido erahnen. Ausgestattet mit Pfeil und Bogen ist er der Gott der Liebe ... ist es ein LIEBESBRIEF ? Noch steht die Fertig stellung der Res- taurierung des Bildes aus und wir sehen erst ein Stück des Cupido ... Ein Gemälde mit Botschaft
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