Leseprobe
100 Polychrome Fassungen als schnelle Individualisierungmöglichkeit Die drei Akeleipokale als Huldigungsgeschenke der Celler Vorstadt Blumlage, der Ämter Medingen und Oldenstadt (Abb. 3, Nrn. 2, 4, 11) sowie der Tischbrunnen als Präsent des Amtes Bodenteich (Abb. 3, Nr. 6) sind Hamburger Arbeiten der Goldschmiede Evert Kettwyck und Hinrich Ohmßen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Der Lüneburger Buckelpokal in Form eines Riesenpokals (Abb. 3, Nr. 7) stammt aus Lüneburg; der nach Nürnberger Vorbildern gefertigte Vierfachpokal (Abb. 3, Nr. 12) aus Osterode und der Töbingpokal (Abb. 3, Nr. 13) aus Hamburg. Der Töbingpokal Mit seinen Spätrenaissanceformen fällt der um 1600 von Di(t)rich Utermarke gefertigte Töbingpokal (Abb. 4) stilistisch aus dem Rahmen. Er ist zum einen das älteste Objekt des Konvoluts und zugleich das am spätesten verschenkte Huldigungspräsent. Der 1706 schon über 100 Jahre alte Pokal aus dem Ratssilber wurde vom Lüneburger Rat Kurfürst Georg Ludwig am 20. Dezember 1706 übergeben. In Resten farbig gefasst sind an der Kuppa die Porträtmedaillons von sechs demProtestantismus nahestehenden Fürsten sowie amDeckel die weiblichen Allegorien von Justitia, Fortitudo, Temperantia und Prudentia (Abb. 5). Der Glanz der Farben rührt wohl von einem Lack her, mit dem die Pokaloberfläche vor einiger Zeit zum Schutz überzogen wurde. 14 Das Objekt ist bislang nicht archäometrisch unter- sucht. Deshalb lassen sich keine Aussagen über das Alter und den Ursprung der Farbfas- sung treffen. Ob also der Goldschmied Di(t)rich Utermarke, die Stadt Lüneburg, die den Pokal zwischen 1602 und 1706 besaß, oder aber die Welfen nach 1706 Porträtmedaillons und Allegorien farbig fassten, kann nur gemutmaßt werden. Die Art der Farbgebung (ins- besondere der Gesichter) deutet auf eine alte Fassung hin. Gestützt wird die These einer partiellen Farbfassung aus der Entstehungszeit durch den Befund, dass sich auf dem um 1600 datierenden, jedoch 1706 zugunsten eines Huldigungswappens entfernten Töbing-Garlop-Familien-Wappen ebenfalls Farbreste (grün, braun, ocker) fanden (Abb. 6). 15 Farbig hervorgehoben wurden mit den sechs Fürstenporträts auf der Kuppa und den vier Kar dinaltugenden die Bildbotschaften, die den beschenkten Landesherrn zur Wahrung des protestantischen Glaubens sowie zur Mäßigung, Klugheit, Stärke und Gerechtigkeit ermahnten. Der Töbingpokal sticht somit in mehrfacher Hinsicht aus dem welfischen Huldigungssilberkonvolut hervor. Er und der Tischbrunnen des Amtes Bodenteich (Abb. 7) verfügen als einzige der farbig gefassten Objekte über keinen Schmeck. Der oft aufge- schraubte und damit austauschbare bekrönende florale Schmuck trägt nicht unwesentlich zur harmonischen Ensemblewirkung des welfischen Huldigungssilbers bei. Drei Akeleipokale aus Hamburg (Abb. 3, Nrn. 2, 4, 11), der Osteroder Vierfachpokal (Abb. 3, Nr. 12) sowie der Lüneburger Riesenpokal (Abb. 3, Nr. 7, Abb. 8) verfügen über stets ähnlich gearbeitete, stilisierte Blumensträuße, die jeweils eine Farbfassung in den Basis farben Grün, Gelb und Rot aufweisen. Ein weiterer Pokal aus Hamburg (Abb. 3, Nr. 1) sowie zwei aus Nürnberg (Abb. 3, Nrn. 3, 5) weisen ebenfalls einen Schmeck auf. Bei diesen ist die typische florale Deckelbekrönung aber rein silberweiß und nicht bunt staffiert (Abb. 9).
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