Leseprobe

129 Reitschuler Das Manuskript des Genfer Arztes und Physikers Théodore Turquet de Mayerne (1573 – 1655) scheint eine Farbe zur Emailimitation zu beschreiben: »Wenn eine Emaillearbeit sein Email verloren hat, kann man sie mit diesem Mastix ausbessern, indem man ihn auf die fehlerhaften Stellen streicht und poliert.« 9 Die Firnisfarben bestehen hier aus Mastix sowie Speiköl mit geriebenem Sandarak (im Verhältnis 1:1). Dazu erwähnt De Mayerne: »Und im Falle der genannte Mastix nicht genügend glänzend befunden würde, dann muss vom obigen Sandarac-Oel [Sandarak in Speiköl gelöst] und vom Mastix mehr hinzugegeben werden.« 10 Als zu verarbeitende Farben nennt er Lampenschwarz, Bleiweiß, roten Lack und Grünspan. Auch wenn es sich hier um ein Rezept handelt, welches für die Ausbesserung und nicht für die Imitation einer Emailfassung bestimmt ist, konnten sowohl Mastix als auch Sandarak in einigen entnommenen Proben nachgewiesen werden. Es ist zu vermuten, dass er die zu der Zeit üblichen Materialien in seine Schrift aufgenommen hatte. Die darin beschriebenen Farben Schwarz, Weiß, Rot und Grün sind auch auf den untersuchten Objekten am häufigsten vorzufinden. In sehr vielen Proben konnte außerdem Eigelb als Bindemittelbestandteil festgestellt werden. Vermutlich erfolgte – wie auch in der Staffeleimalerei der damaligen Zeit üblich – eine Ausführung einzelner Malschichten in Eitempera, auf welchen dann in Harz-Ölsyste- men oder mit reinen Harzfarben lasierend gemalt wurde. 11 Giorgio Vasari beschreibt in der Vita des florentinischen Künstlers Alesso Baldovinetti (1425– 1499) dessen vergeblichen Versuch, Eitempera mit »vernice liquida« zu kombinieren: »Er gedachte durch diese Tem- pera die Malerei gegen Feuchtigkeit zu schützen, aber sie war so stark, dass an Stellen, wo sie zu sehr angehäuft war, die Malerei absprang und so blieb er enttäuscht, während er ein seltenes und überaus schönes Geheimnis gefunden zu haben glaubte.« 12 Trotz des geschil- derten Fehlversuchs kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Materialkombination dennoch auf den von uns untersuchten Objekten erfolgreich zur Anwendung kam. Die vorgefundenen Arten von Farbfassungen Der Versuch einer Kategorisierung der Farbfassungen erbrachte eine Unterscheidung in vier Gruppen. Zuweilen sind auf ein und demselben Objekt mehrere Teilpolychromierun- gen vorhanden, die sich unterschiedlichen Gruppen zuordnen lassen. Die partiellen Farb- fassungen wurden meist im Zusammenspiel mit den frei liegenden Partien der blanken Oberfläche des Edelmetalls aufgebracht. Weshalb fallweise unterschiedliche Fassungsarten ausgewählt und diese auch in abweichender Qualität ausgeführt worden sind, ist nicht eindeutig zu beantworten, denn es sind kaumHinweise auf partielle Neufassungen vorhan- den. Am ehesten könnte es sich somit bei einzelnen Objekten um eine historische Neu­ fassung handeln, die nach der gründlichen Entfernung einer ursprünglichen Fassung auf- getragen wurde. Kategorie 1: schlichte Farbfassung von Inkarnaten Auffällig für diese Kategorie ist die oft etwas nachlässig ausgeführte Malerei, insbesondere in den Bereichen der Gesichter. In der Regel legte man hierbei ein relativ dickes, helles Inkarnat an, welches bei den Figuren des Trompeterautomaten als Eitempera identifiziert

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