Leseprobe

130 Überlegungen zu farbig gefassten Goldschmiedearbeiten Abb. 1 Detail der Farbfassung auf der sogenannten Jakobspilgerin mit Knaben , Leonhard Umbach, Augsburg, 1590 –1594, Silber, teil- weise vergoldet, Farbfassung, Wien, Kunst­ historisches Museum, Kunstkammer, Inv.-Nr. KK_1064 werden konnte. Der noch zu erkennende starke Pinselduktus deutet auf eine pastöse Male- rei hin. Darauf folgten die Details wie Lippen, Augenbrauen und Pupillen als eine ebenfalls sehr flüssige zweite Malschicht (Abb. 1). Beim Auftrag der Pupillen wurde oft sogar auf die weißen Bereiche des Augapfels verzichtet und stattdessen ein schwarzer Punkt auf das durchgehende Inkarnat gesetzt. Im Fall einer Uhr mit der Figur eines Afrikaners 13 malte man diesen Punkt sogar fälschlicherweise in weißer Farbe auf, was die allgemeine Unge- nauigkeit in der Ausführung widerspiegelt. An aufgemalten Lippen und Augenbrauen der Gesichter sind des Öfteren, wie auch beimAfrikaner, leichte Rinnspuren zu erkennen, was gewiss auch auf eine fehlende Geschicklichkeit oder Probleme beim Anmischen der Farbe zurückzuführen ist. Zudem scheint bei Objekten dieser Fassungskategorie keine große Rücksicht auf fein strukturierte Metalloberflächen genommen worden zu sein, da diese durch die Dicke des Malschichtauftrags oft egalisiert wird. Die beweglichen Figuren des Glockenturmautomaten 14 konnten ebenso dieser Kate- gorie zugeordnet werden, auch wenn sie materialtechnisch von den übrigen Objekten abweichen. Sie wurden nämlich nicht aus Silber, sondern aus Kupfer und Messing herge- stellt, welches auch nicht – wie sonst üblich – eine Vergoldung erhielt. Die Oberkörper der beiden Glöckner bestehen aus Holz, vermutlich um das Gewicht bei der Bewegung zu reduzieren. Die Fassung dieser beiden Figuren ist imGegensatz zu den anderen in der klas- sischen Technik der Fassmaler ausgeführt. Dabei bedeckt ein durchgehender Kreidegrund die Metalloberfläche, der vermutlich vor demAufbringen der Malschicht zusätzlich geglät- tet wurde. Entlang des Mantelsaums einer Figur sind Linienornamente mit Muschelsilber aufgemalt – eine Technik die ebenfalls eher in den Bereich der Fassmalerei bei Holzskulp- turen zu verorten ist. Solche Ornamente findet man auch auf den vergoldeten Metallober- flächen; meist handelt es sich dabei um linear aufgereihte farbige Punkte, die beispielsweise entlang des Rückens eines Tieres verlaufen. In den meisten Fällen sind diese Verzierungen ohne Grundierung direkt auf die Goldoberfläche aufgemalt worden.

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