Leseprobe

20 Giotto (Werkstatt) Florenz um 1270–1337 Florenz Johannes der Täufer im Gefängnis Um 1330/1335 Pappelholz, mit integriertem Rahmen; 89,5×44 cm 1860 aus der Sammlung Woodburn, London, angekauft Gal.-Nr. 5 Giotto ist der große Neuerer der Malerei. Er verlieh erstmals den Figuren ein echtes Innenleben und drückte in ihren Gebärden unterschiedlichste Gefühle wie Freude, Demut, Entsetzen oder Trauer aus. Seine Bauwerke weisen schon tiefenräumliche Strukturen auf, auch wenn diese noch nicht nach den Gesetzen der Zentralperspek­ tive konstruiert sind, die erst hundert Jahre später entdeckt werden sollte. Die Tafel ist eines der ältesten Werke des Museums. Sie zeigt Johannes den Täufer, der als der letzte Prophet gilt. Als König Herodes ihn ins Gefängnis warf, schickte er zwei Jünger zu Christus, um sich zu vergewissern, dass dieser der Messias sei. Das Gemälde zeigt die Rückkehr der Jünger, die ihm von den Wundertaten Christi erzählen (Mt 11, 2–15). Sie sind wie Johannes der Täufer durch Heiligenscheine aus­ gezeichnet, wobei die Hauptfigur durch die erhöhte Position klar erkennbar bleibt. Innovativ ist die Art, wie der Maler in den Gebärden, den Haltungen der Köpfe und Ausrichtungen der Blicke deutlich macht, dass die drei sich in einem Dialog befin­ den. Durch die Soldaten und die Frau, die wohl ein Essen bringt, schmückt Giotto die Szene erzählerisch aus, ebenso durch die neugierige Gestalt auf dem Balkon. Neu ist auch die Körperlichkeit der Figuren, die sich unter den Gewändern abzeichnet. Traditionell ist dagegen die Malerei auf Gold. Sie war der Darstellung von heiligen Personen und biblischen Geschichten vorbehalten, denn erst im 15. Jahr­ hundert setzten sich naturalistische Hintergründe durch.  | ah

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1