Leseprobe
21 Antonello zeigt das Martyrium des heiligen Sebastian, des Anführers der Leibgarde des römischen Kaisers Diokletian (3. Jahrhundert). Angeklagt, weil er verfolgten Christen half, wurde er zum Tode verurteilt. Wundersamerweise überlebte Sebastian jedoch den Beschuss durch die Pfeile. Antonello zeigt ihn nicht leidend, sondern geradezu verklärt. Die aufrechte Haltung des schönen Körpers kulminiert in dem himmelnden Blick. Darin spielt der Künstler auf die Errettung des Heiligen durch die göttliche Gnade an, denn aufgrund des Martyriums – der sogenannten zweiten Taufe mit dem Blut – ist ihm die Aufnahme in den Himmel gewiss. Das Altarbild entstand für die Bruderschaft San Rocco in Venedig. Diese Bruderschaft gründete sich 1478, als die Pest in der Serenissima 15 Prozent der Bevölkerung das Leben kostete. In der Mitte des Altaraufbaus stand eine Skulptur des Rochus, flankiert von zwei Tafeln mit Darstellungen des Christophorus bezie hungsweise des Sebastian. Alle drei Heiligen wurden zum Schutz vor dem schwarzen Tod angefleht. Das Gemälde ist ein regelrechtes Kunststück der Frührenaissance. Es zeigt die neuen Errungenschaften der Epoche. Dazu zählen die Monumentalisierung des Hei ligen genauso wie die zarte Modellierung seiner Inkarnattöne und die brillante Aus leuchtung der Szene. Zudem legte Antonello den Fluchtpunkt der Perspektive sehr niedrig, um in den steil nach unten fluchtenden Fassaden sein Können zu zeigen. Dieses Bild gilt als ein Hauptwerk des Künstlers. | ah Antonello da Messina Messina um 1430–1479 Messina Der heilige Sebastian Um 1478 Bez. unten links auf dem Cartellino: [Antone]ll[us] [m]essaneus Öl, von Holz auf Leinwand übertragen; 171×85,5 cm 1873 aus der Sammlung Johann Christian Endris, Wien, angekauft Gal.-Nr. 52
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