Leseprobe

67 Jan Wildens Antwerpen 1584/1586–1653 Antwerpen Winterlandschaft mit dem Jäger 1624 Bez. unten links: JAN.WILDENS.FECIT.1624 Öl auf Leinwand; 194×202 cm Erstmals im Inventar 1722–1728 erwähnt als Ausstattungsstück des Jagdschlosses Moritzburg bei Dresden Gal.-Nr. 1133 Im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts trat der Landschaftsmaler Jan Wildens zunächst als Mitarbeiter in der Werkstatt von Peter Paul Rubens in Erscheinung, wo er für die landschaftlichen Hintergründe in vielen seiner bedeutenden Histo­ rienbilder verantwortlich war. Unter Rubens’ Einfluss gewann seine Malerei an Ausgewogenheit und Großzügigkeit. Seine eigenständigsten und besten Landschafts­ bilder schuf Wildens jedoch erst ab Mitte der 1620er Jahre – einige Zeit nach dem Ende der künstlerischen Kooperation mit Rubens. Die Dresdner Winterlandschaft, das wohl bekannteste und wirkmächtigste seiner Gemälde, ragt in jeder Hinsicht aus seinemŒuvre heraus. Wildens schilderte einen Jäger in Begleitung seiner Hunde in voller Lebensgröße und beeindruckender Nahsicht. Die winterliche Umgebung, in der er sich bewegt, wird dominiert von einer kompakten kahlen Baumgruppe in der linken Bildhälfte. Ihr stilllebenhafter, dekorativer Charakter steht in eigenartigem Gegensatz zur Stimmung der in der Ferne dunstig verschwimmenden flachen Schneelandschaft. Der junge, elegante Aris­ tokrat in kostbarem Pelzmantel und mit Lederhut präsentiert dem Betrachter einen erlegten Feldhasen. In einer holländischen Gedichtsammlung des frühen 17. Jahrhunderts wird die Hasenjagd mit der »Jagd« des Freiers verglichen. Das Zurschaustellen des erleg­ ten Tieres ist daher von Wildens’ Zeitgenossen vermutlich auch als erotische Anspie­ lung verstanden worden.  | un

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1