Leseprobe

107 Nicolas Tournier Montbéliard 1590–1639 Toulouse Die Wachstube Um 1620/1625 Öl auf Leinwand; 169×239 cm Erstmals im Inventar 1747–1750 erwähnt Gal.-Nr. 411 Mehrere Soldaten haben sich in einer Wachstube um einen antiken Sarkophag zusammengefunden. In dem sonst dunklen Raum beleuchtet eine außerhalb des Bildes befindliche Lichtquelle neun Figuren. Links vom Zentrum sitzen sich vier Kartenspieler gegenüber, rechts davon zwei Würfelspieler. Gerahmt werden die Gruppen von zwei Soldaten in Rüstung am jeweils rechten und linken Bildrand sowie einem Zuschauer mit Bart und Turban. Tournier verwendet als bildnerisches Stilmittel eine friesartige Anordnung der Spieler in fast gleicher Kopfhöhe. Da­ durch betont er deren unterschiedliche Ausdrucksweisen, Gemütszustände und Charaktere. Wie Valentin de Boulogne (S. 106) arbeitete Tournier im Stil Caravaggios. Kennzeichnend sind die starken Hell-Dunkel-Kontraste, eine spannungsreiche Dar­ stellung durch verschiedene Gesten, Blicke und die Mimik der Figuren sowie deren naturalistische Schilderung mit porträthaften Zügen. Von 1619 bis 1626 weilte Tournier in Rom. Während seines Aufenthalts in der Ewigen Stadt lernte er die Werke von Caravaggios wichtigem Nachfolger Bartolomeo Manfredi und dessem künstlerischen Umkreis kennen. Möglicherweise war Tournier sogar in Manfredis Werkstatt tätig und eignete sich dessen Bildsprache an. Mit Valentin de Boulogne ist er einer der führenden französischen Caravaggisten.  | iyw

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