Leseprobe

125 Nackter Mann mit Schlange Francesco di Giorgio Martini Siena 1439–1501 bei Siena Um 1495 Bronze; Höhe 113,5 cm 1765 aus dem Nachlass des Grafen Heinrich von Brühl erworben Inv.-Nr. H2 21/78 Der Dresdner Schlangenbändiger ist eine der außergewöhnlichsten plastischen Schöpfungen der italienischen Frührenaissance und wurde dem sienesischen Künst- ler Francesco di Giorgio Martini zugeschrieben, der als Architekt, Ingenieur, Maler und Bildhauer tätig war. Dargestellt ist ein nackter, athletischer Mann mittleren Alters, der in seiner erhobenen linken Hand eine sich um seinen Arm ringelnde Schlange hält, deren nicht mehr erhaltenen Kopf er angespannt anblickte. In seiner rechten Hand hielt er einen mittlerweile verlorenen Gegenstand. Wer mit der Figur gemeint sein könnte, ist rätselhaft. Bisher wurde vorge- schlagen, dass es sich um Herkules im Kampf mit Achelous, um Äskulap, um Lao- koon oder um Serpentarius (Schlangenträger), das 13. Tierkreiszeichen, handeln könnte. Auch ihr Verwendungszweck ist unklar. Die Statue könnte als Brunnenfigur gedient haben; da es sich jedoch um einen Vollguss handelt, kann sie nur, wenn überhaupt, in einer Brunnenschale gestanden haben, ohne selbst Wasser zu spritzen. Ebenfalls vorstellbar ist die Aufstellung auf einer Säule in einem Innenhof oder Garten eines Humanisten. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die Figur vollkommen nackt dargestellt ist und somit zu den frühesten Akten der Renaissance gezählt werden kann. Im Stil ist die Statue zwar noch expressiv-realistisch, aber in ihrer Nacktheit zeigt sich deutlich die Hinwendung zur Kunst der Antike. In der Pose meinte man, den Apoll vom Belvedere als Vorbild erkennen zu können.  |  ckg

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