Leseprobe

139 Christian II. Kurfürst von Sachsen Adriaen de Vries Den Haag 1556–1626 Prag 1603 Bronze; 96×66×41 cm 1607 von Kaiser Rudolf II. an Kurfürst Christian II. geschenkt Inv.-Nr. H4 1/4 Die Büste entstand im Auftrag von Kaiser Rudolf II. in Prag, wo Adriaen de Vries seit 1601 als Hofbildhauer tätig war. Sie entstand im selben Jahr, in dem der Künst- ler auch das Bildnis des Kaisers schuf, welches seinerseits auf die Büste Karls V. von Leone Leoni (beide heute im Kunsthistorischen Museum, Wien) Bezug nimmt. Leonis Neuerung bestand darin, den ganzen Oberkörper des Monarchen bis zur Taille wiederzugeben und diesen Torso auf einen figuralen Sockel zu stellen, welcher als zusätzliche Bedeutungsebene gestaltet ist. Bei Christians Bildnis wurde die Büste knapper beschnitten, um den Standesunterschied zwischen Kaiser und Kurfürst zu verdeutlichen, während der Sockel die tiefe Verbundenheit der beiden zum Ausdruck bringt: Vor dem zentral positionierten, mit dem Kurhut verzierten sächsischen Wappen reichen sich zum Zeichen der Eintracht zwei weibliche Figuren anmutig die Hände. Vor ihnen liegt ein Bündel Pfeile als Symbol der gemeinsamen Stärke, denn ein einzelner Pfeil lässt sich leicht zerbrechen, nicht jedoch ein ganzes Bündel. An einem Band trägt Christian ein Medaillon mit dem Bildnis Rudolfs, das vom kaiser- lichen Doppeladler gerahmt wird. Der Kurfürst erhielt die Büste als Geschenk bei seinem Besuch in Prag 1607. Sie zeigt ihn jung und bartlos, mit idealisierten Zügen, die seine beträchtliche Lei- besfülle nur vermuten lassen. Der stolz erhobene Kopf und der in die Ferne gerich- tete Blick verleihen dem meisterhaften Porträt einen heroischen Charakter.  |  ckg

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