Leseprobe

140 Nessus raubt Deïanira Jean de Boulogne, gen. Giambologna, Werkstatt Douai 1529–1608 Florenz Um 1600 Bronze; 77,7×48,5×29 cm Um 1722/23 von Baron Raymond Leplat für August den Starken in Venedig erworben Inv.-Nr. H4 156/51 Diese Darstellung von Nessus und Deïanira ist eine vergrößerte und seitenverkehrte Version jener von Giambologna signierten Kleinbronze desselben Themas, die 1587 nach Dresden gesandt worden war (S. 134). Auch diese in der Modellierung zwar weniger qualitätvolle, jedoch sehr dekorative Gruppe hat eine bemerkenswerte Pro- venienz: Aufgrund des prächtigen Marmorsockels und seiner Inschrift kann das Werk eindeutig mit einer Bronze identifiziert werden, die sich seit spätestens 1605 im Palazzo des Grafen Agostino Giusti (1546–1615) in Verona befand. Giusti war eine Schlüsselfigur des kulturellen Lebens der Stadt und repräsentierte diese 1589 bei der Hochzeit von Großherzog Ferdinando I. de’ Medici mit Christine von Loth- ringen. Im Jahr 1600 war der Graf einer der Begleiter von Maria de’ Medici, als diese zu ihrer Trauung mit König Heinrich IV. nach Frankreich reiste – eine Bege- benheit, nach der ihm die Bronzegruppe geschenkt worden sein könnte. Der Sockel mit den Inschriften wurde von Giusti in Auftrag gegeben und besteht aus einem besonders raren Marmor aus dem Vallarsa-Tal, das nördlich von Verona liegt. Nach dem Tod des Grafen wurde die Gruppe an die venezianische Familie Marcello verkauft. Im frühen 18. Jahrhundert befand sie sich beim Kunst- händler Valentino Nicoletti in Venedig, wo sie von Leplat für Dresden gekauft wurde. Da sie noch zu Lebzeiten Giambolognas dokumentiert ist, zeigt sie, dass die Produktion seiner Werkstatt facettenreicher war als bisher angenommen.  |  ckg

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